Seehäfen: Nord-Minister wollen eine „Zeitenwende“ und vor allem einen „Zehnfach-Wumms“

Wenn deutsche Seehäfen Schnittstellen der Energiewende und Stützpfeiler von Wirtschaft und militärischer Sicherheit werden sollen, braucht es für Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen eine weitere Zeitenwende: «Seit fast 20 Jahren speist der Bund alle deutschen Seehäfen mit zusammen jährlich 38 Millionen Euro ab – nur zwei Millionen davon entfallen auf Schleswig-Holstein. Dabei haben allein schon unsere rund 25 Seehafenstandorte an Nord- und Ostsee in den kommenden Jahren Investitionen von weit über 200 Millionen Euro vor der Brust», sagt der CDU-Politiker. Ohne einen massiven Aufwuchs der Bundesmittel um mindestens das Zehnfache auf jährlich 400 Millionen Euro werde die Aufgabe deshalb weder für Schleswig-Holstein noch für die anderen Küstenländer zu stemmen sein.

Offshore-Versorger im Vorhafen von Helgoland

Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie dem Zentralverband Deutscher Häfen (ZDS) will Madsen am Donnerstag bei der Nationalen Maritimen Konferenz in Bremen entsprechend Druck machen. Auch seine Hamburger SPD-Amtskollegin Melanie Leonhard sowie Olaf Lies (Niedersachsen) und Reinhard Meyer (Mecklenburg-Vorpommern) hatten zum Wochenbeginn im „Handelsblatt“ den Bund zum Handeln aufgefordert: «Wir brauchen eine Nationale Hafenstrategie, die diesen Namen auch verdient», sagte Leonhard.

Aus Sicht von Madsen ist dabei keine Zeit zu verlieren: «Wir brauchen und planen im Norden Deutschlands überall neue Hafenbecken, Anleger für Flüssiggas, Liegeplätze für den Umschlag riesiger Offshore-Windanlagen, Basishäfen für Offshore-Crews oder Wasserstoffpipelines und Elektrolyseure – das erfordert einen großen Schulterschluss.» Und mit Blick auf die Energiewende sagt er: «Ohne optimal ausgestattete Häfen wird die Wartung der Wartung von Windparks kaum zu leisten sein – abgesehen davon sind hier auch die Anlandungspunkte der Seekabel.»

Donnerstag bei der Nationalen Maritimen Konferenz in Bremen: Wirtschafts- und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen

Doch nicht allein aus Sicherheitsaspekten und für das Gelingen der Energiewende brauchen die deutschen Seehäfen mit ihren 1,3 Millionen Beschäftigten aus Sicht von Madsen «deutlich mehr Wasser unter dem Kiel». Allein, um den Nordseehafen Büsum einigermaßen zukunftsfest aufzustellen, seien Investitionsmittel von rund 40 Millionen Euro erforderlich. Madsen: «Und für unsere Häfen auf den Nordsee-Halligen rechnen wir mit einem Investitionsbedarf von 20 Millionen Euro, während der für Pellworm angedachte Tiefwasseranleger noch einmal 40 Millionen Euro verschlingen dürfte.»

Als «Ärgernis» bezeichnet Madsen vor diesem Hintergrund, dass der Bund sich bei Projekten in Schleswig-Holstein teilweise recht kleinlich aus der Verantwortung ziehe. So finanziere etwa das für die Nordsee zuständige Bundesverkehrsministerium die Baggerarbeiten in der Zufahrt zum Husumer Hafen nur zur Hälfte, um das Fahrwasser auf Tiefe zu halten. «Den Rest für die Vertiefung bis ins Hafenbecken hinein dürfen wir als Land zuschießen», sagt Madsen. Ähnlich sei das auch im Fahrwasser zwischen Nordstrand und Pellworm sowie im stark sanierungsbedürftigen Bundeshafen Hörnum, den der Bund abgeben will, aber für den 60 Millionen Euro Sanierungskosten erwartet werden. Madsen: «Auch hier ist der Bund nur bereit, die Hälfte der Kosten zu tragen.»

Der Maritime Koordinator des Bundes, Dieter Janecek (links) im Gespräch mit Madsen und seiner Staatssekretärin Julia Carstens (rechts)

Gleichwohl ist er nach jüngsten Gesprächen mit dem Maritimen Koordinator der Bundesregierung, Dieter Janecek (Grüne), vorsichtig optimistisch, dass sich die Ampelkoalition nach Klärung rechtlicher Fragen auf die Länder zubewegen werde. Immerhin habe Janecek den bisherigen Beitrag des Bundes als «nicht mehr passgenau» bezeichnet, so Madsen. Und auch die jüngste Bundestagsdebatte zu dem Thema stimmt den norddeutschen Verkehrsminister optimistisch: «Sowohl die CDU als auch die Regierungsfraktionen mit ihrem 66-Punkte-Plan haben hilfreichen Druck auf verbindliche Regelungen zum Ausgleich von Hafenlasten aufgebaut.»

   Mit Blick auf die aktuelle Streitfrage in Berlin, wie der Hafen-Lastenausgleich rechtlich und organisatorisch geregelt werden soll und ob die Seehäfen dann künftig in der Zuständigkeit von Volker Wissing (FDP) bleiben oder ins Wirtschaftsressort von Robert Habeck (Grüne) wechseln, hat der Kieler CDU-Minister eine klare Präferenz: «Trotz aller Schwierigkeiten sollte das Thema weiterhin im Verkehrsressort angedockt bleiben», sagt Madsen. Denn Häfen seien nun einmal elementarer Bestandteil von Verkehr, während das Bundeswirtschaftsministerium einzelne Hafenfunktionen wie Offshore-Wind oder Energieimporte im Fokus habe.

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