Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen hat sich nach der heutigen Auftakt-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Nationalen Maritimen Konferenz (NMK) enttäuscht gezeigt: «Ich hätte mir ein klareres Signal des Kanzlers in Richtung Seehäfen gewünscht, die in Zukunft deutlich mehr Aufgaben im Bereich von Sicherheit und Energiewende übernehmen müssen», sagte Madsen.

Vor knapp einer Woche hatte der CDU-Politiker mit seinen Länderkolleginnen und Kollegen aus Bremen, Niedersachsen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern einen entsprechenden Appell verfasst, wonach die Ausgaben des Bundes für die Häfen allein für bestehende Aufgaben auf mindestens 400 Millionen Euro pro Jahr angehoben und damit verzehnfacht werden müssten. «Leider haben wir aber nur zu hören bekommen, dass der Kanzler diese Forderung kenne, während sein Wirtschaftsminister Robert Habeck immerhin die Förderung neuer Hafenprojekte im Energiebereich angeboten hat», sagte Madsen. Das allerdings löse nicht das Problem der Finanzierung bestehender Anlagen und Aufgaben.
Hier ein Auszug aus den Reden von Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck:
Bis einschließlich morgen diskutieren in Bremen 800 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und der Maritimen Branche auf der mittlerweile 13. NMK. Schirmherr ist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Die Konferenz steht unter dem Motto „Standort stärken. Klima schützen. Zukunft gestalten“. Themen sind unter anderem: Der Beitrag der maritimen Wirtschaft zur Energiewende, die Wettbewerbsfähigkeit der Seehäfen und nicht zuletzt deren Finanzierung.
Scholz sagte: «Der Bund bekennt sich klar zu seinem Teil der Verantwortung für leistungsstarke und zukunftssichere Häfen mit den notwendigen Hafeninfrastrukturen.» Und: «Aus Sicht der Länder gehört dazu auch eine Erhöhung der finanziellen Mittel – ich weiß es.» Konkrete Zusicherungen machte er jedoch nicht.

Die von Madsen und seinen Küsten-Kollegen verabschiedete «Bremer Erklärung» bemängelt vor allem, dass sich die Kosten zur Aufrechterhaltung der Häfen seit 2005 bei gleichbleibende Bundes-Förderquote verzehnfacht hätten. So zahle der Bund jährlich 38,3 Millionen Euro an die Länder. Nach den Worten von Madsen werden er und seine Nord-Kolleginnen und Kollegen das Thema kommende Woche möglicherweise bei den Ministerpräsidenten und Bürgermeistern von Bremen und Hamburg adressieren. Auch Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatte in seiner Eröffnungsrede als Gastgeber davor gewarnt, eine Nationale Hafenstrategie ohne geklärte Finanzierungsfragen auf den Weg zu bringen.

Mit Blick auf Äußerungen von Robert Habeck, wonach Bremerhaven neben Rostock Standort für den Bau von Konverterplattformen für Offshore-Windkraftanlagen werden soll, sagte Madsen:«Hier sollte die Bundesregierung nicht vergessen, dass auch unsere schleswig-holsteinischen Werften – vor allem German Naval Yards – das Zeug dazu haben, Stahl-Komponenten für Plattformen zuzuliefern.» In Konverterstationen wird Strom von Offshore-Windrädern gebündelt und für den Weitertransport zur Küste in Gleichstrom umgewandelt.
Der Bau der Konverterplattformen schaffe eine neue Wertschöpfungskette für Werften und gebe eine Antwort auf sicherheitspolitische Herausforderungen, sagte Habeck.«Es ist ein Thema von Energiesicherheit und damit von nationaler Sicherheit. Es muss so kommen.» Über die Konverterplattformen auf einem Teil der Marinearsenal-Werft in Rostock-Warnemünde und in Bremerhaven laufen seit Monaten Gespräche. Nach Angaben der Bundesregierung wird erwartet, dass von 2026 bis 2045 allein für den deutschen Markt 33 Plattformen benötigt werden, die jeweils ein Auftragsvolumen von 1,5 bis 2 Milliarden Euro hätten.

Für Gesprächsstoff am Rande der Konferenz – die seit dem Jahr 2000 alle zwei Jahre stattfindet – sorgte auch der mögliche Einstieg der italienischen Großreederei «MSC» im Hafen Hamburg. Habeck erklärte, dass er mit Blick auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung keine Bedenken gegen den Deal habe. Es sei «ein Unterschied zwischen einem chinesischen Unternehmen und einem europäischen wie MSC». Die weltgrößte Container-Reederei MSC hatte angekündigt, bei der HHLA einzusteigen. Eine knappe Mehrheit an der Gesellschaft soll aber bei der Stadt Hamburg bleiben. Madsen erinnerte in dem Zusammenhang an die riesige Bedeutung des Hamburger Hafens als einem der größten Arbeitgeber Schleswig-Holsteins.

Inzwischen hat sich neben dem Hamburger Spediteur und Milliardär Klaus-Michael Kühne auch der Hauptaktionär des Eurokai-Konzerns, Thomas Eckelmann, als möglicher Partner des Hamburger Hafens ins Spiel gebracht. «Der Deal mit MSC wäre eine Katastrophe für den Hamburger Hafen. Deshalb erwäge ich für die Eurokai-Gruppe, dem Senat ein Gegenangebot zu unterbreiten. Zu den gleichen Konditionen», sagte Eckelmann heute dem «Hamburger Abendblatt».
Die weltweit größte Containerreederei MSC und der Senat hatten am Mittwoch mitgeteilt, dass das Schweizer Unternehmen beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA einsteigen will. Der in Genf ansässige Konzern und die Hansestadt unterzeichneten dabei einen verbindlichen Vorvertrag zur Gründung einer strategischen Partnerschaft. Derzeit hält die Stadt rund 69 Prozent an der börsennotierten Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Diese soll künftig in einem Joint Venture gemeinsam geführt werden, wobei die Stadt 50,1 Prozent und MSC 49,9 Prozent der Anteile halten sollen.
Auf sein Unternehmen Eurokai und das zusammen mit dem Bremer Hafenlogistik-Unternehmen BLG betriebene Eurogate-Terminal in Hamburg sieht Eckelmann keine Probleme zukommen. Zwar würde MSC zu den HHLA-Terminals wechseln und etwa 25 bis 30 Prozent an Eurogate-Umschlag mitnehmen. «Das wäre ein schmerzhafter Verlust. Aber im Gegenzug könnten viele HHLA-Kunden zu uns wechseln. Wir sind für jeden offen. Am Ende könnte das für Eurogate sogar einen Zugewinn bedeuten», sagte Eckelmann.

Kühne hatte noch am Tag der Vertragsunterzeichnung der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» und dem «Hamburger Abendblatt» gesagt, der Deal sei ein Affront gegenüber Hapag-Lloyd als größtem Reederei-Kunden des Hamburger Hafens. Er riet Hapag-Lloyd, an der er über seine Kühne Holding 30 Prozent hält, selbst ein Übernahmeangebot für 49,9 Prozent der HHLA-Aktien abzugeben: «Wenn Hapag-Lloyd es nicht tun würde, erwägt meine Kühne Holding AG, es kurzfristig zu tun.»
Eine Übernahme durch andere Akteure als MSC gilt als sehr schwierig. Schon wegen des verbindlichen Vorvertrags dürfte die Stadt Hamburg ihre Anteile jenseits von 50,1 Prozent kaum an jemand anderen abtreten. Blieben noch die rund 31 Prozent im Streubesitz, um die sich MSC bereits mit einem Angebot von 16,75 Euro je Aktie bemüht. Drittanbieter könnten den MSC-Deal noch verhindern und den Status quo aufrechterhalten, wenn sie an mindestens zehn Prozent der Aktien gelangen.