„Selbst ist die Frau“: Carstens auf Stipvisite bei drei Unternehmens-Nachfolgerinnen

Der Countdown läuft: In einem Monat startet die Landesregierung eine Marketing-Kampagne, um vor allem Frauen zu ermutigen, Unternehmen zu gründen oder zu übernehmen. Für Wirtschafts-Staatssekretärin Julia Carstens Grund genug, sich heute bei drei Unternehmen umzuschauen, in denen die Nachfolge frisch geregelt wurde: beim „Lecker Bäcker Kalinka“ in Schuby, bei der „George Zahntechnik GmbH“ in Eckernförde und bei „Howe Elektro- und Sicherheitstechnik“ in Kiel.

Julia Carstens (rechts) im Gespräch mit „Lecker Bäcker“-Juniorchefin Marina Kalinka

«Auch bei unserer Nachfolge-Initiative, die wir mit Kammern, Verbänden und Kreditinstituten aufsetzen, beschäftigen uns Fragen wie beispielsweise: Findet die Nachfolge innerhalb der Familie, innerhalb der Belegschaft oder extern statt – und wurden dafür Förderprogramme wie etwa die Meistergründungsprämie in Anspruch genommen», sagte Carstens am Rande der Tour. Immerhin stünden jährlich allein in Schleswig-Holstein mehr als 1300 Unternehmensnachfolgen an der Spitze von kleinen und mittelständischen Betrieben an. Die umfangreichen Unterstützungs-, Beratungs- und Finanzierungsangebote des Landes seien dabei zwar ein wichtiger Baustein. «Doch bei unserer Initiative und der am 1. November startenden Kampagne geht es in erster Linie darum, die Lust am Unternehmertum zu wecken und zu fördern», so Carstens. Die Landesregierung stelle dafür 350 000 Euro bereit.

Die 1997 gegründete Bäckerei Kalinka am Ochsenweg in Schuby konnte ihre Nachfolge familienintern regeln, wie „Senior-Chefin“ Susan Kalinka der Staatssekretärin schilderte. Der 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter starke Betrieb, der auch auf 14 Wochenmärkten präsent ist, wird von Tochter Marina weitergeführt. Die 27-Jährige absolvierte vor vier Jahren ihre Meisterprüfung und sagt selbstbewusst: «Backen ist für mich und meine Mutter Leidenschaft – und das schmeckt man auch bei uns.» Unmittelbar nach ihrem Einstieg in den Betrieb habe sie sich zwar ein wenig mit ihrer Mutter an die neue Rollenverteilung gewöhnen müssen. «Aber inzwischen sind wir so gut eingespielt, dass wir wissen, was der andere denkt, ohne darüber reden zu müssen.»

Mit Helen M. George in ihrem Dentallabor

Auch bei den Betrieben „George Zahntechnik“ und Elektro-Howe sind die Töchter eingestiegen – im Fall des Kieler Unternehmens Howe durch einen unvorhersehbaren Schicksalsschlag. Im Februar 2021 war überraschend die Inhaberin Christina Howe verstorben. Tochter Louisa – eigentlich auf dem Weg zur Eventmanagerin – fackelte nicht lange, sprang ins kalte Wasser und übernahm den Familienbetrieb.

Louisa Howe

«Ein bewundernswerter Mut, der insbesondere auch anderen Frauen Mut machen sollte», sagt Staatssekretärin Carstens mit Blick auf die nach wie vor zu geringe Frauenquote bei Gründungen und Übernahmen.

Weiter sagte Carstens nach ihren drei Firmenbesuchen – Audio starten, Pfeil klicken…

Mit Blick auf Unternehmen wie die Glückstädter „Moin Bio Backwaren GmbH“, die ihr Unternehmen an Mitarbeiterinnen übergeben haben und dabei am liebsten das Kapital in so genanntes Verantwortungseigentum binden würden, appellierte Carstens an die Bundesregierung: «Der Koalitionsvertrag der Ampel hat versprochen, eine solche Rechtsform zu schaffen, kommt damit bisher aber scheinbar nicht voran. Dabei wäre ein solches Instrument auch für viele andere schleswig-holsteinische Mittelstandsbetriebe attraktiv.»

Hintergrund: Unternehmen wie die „Moin Bio Backwaren“ orientieren sich langfristig an vor allem an ihrem Zweck, statt auf kurz- und mittelfristige Gewinnsteigerung zu setzen. Das bedeutet, dass Unternehmer zwar Unternehmen gestalten und unabhängig führen, aber keinen Zugriff auf deren Gewinne und Vermögen haben sollen. Gewinne sollen vielmehr für Investitionen, Rücklagen oder auch Spenden genutzt werden. Solche Unternehmen nutzen zum Beispiel Stiftungen und aufwendige GmbH-Strukturen zur Umsetzung dieses Eigentumsverständnisses. Dazu gehören beispielsweise die Unternehmen Bosch und der Optik-Hersteller Zeiss.

Über das Glückstädter Unternehmen und Unternehmen in Verantwortungseigentum berichtet morgen Abend (19.30 Uhr) auch das NDR Schleswig-Holstein-Magazin und am Montag NDR aktuell um 18 Uhr mit Julia Carstens als Studiogast.

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