
Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetzes bietet aus Sicht von Schleswig-Holsteins Arbeitsminister Claus Ruhe Madsen gute Chancen, die für 2035 für den Norden prognostizierte Fachkräftelücke von 180.000 Arbeitskräften einzudämmen. Derzeit würden in Schleswig-Holstein nur rund 2.200 Menschen aus so genannten Drittstaaten jährlich eine Beschäftigung im Rahmen des beschleunigten Fachkräfteverfahrens aufnehmen. «Um aber unsere Lücke zu schließen benötigen wir eine jährliche Netto-Zuwanderung zwischen 10.000 und 13.000 qualifizierten Menschen», sagte Madsen der Deutschen Presse-Agentur. Das neue Gesetz bahne dafür den Weg – könne allerdings nur ein erster Schritt sein, so der CDU-Politiker.
Neu an dem vor wenigen Tagen in Kraft getretenen Gesetz – weitere Schritte sollen 2024 folgen – ist unter anderem die Einführung einer sogenannten Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems. Zu den Auswahlkriterien für arbeitswillige Einwanderer, die diesen Weg wählen, gehören Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug. Ausländische Fachkräfte müssen künftig ein Mindestgehalt von rund 43.800 Euro erreichen, statt wie zuletzt 58.400 Euro brutto jährlich. Asylbewerber, die vor dem 29. März 2023 eingereist sind und eine Qualifikation sowie ein Jobangebot haben, sollen – wenn sie ihren Asylantrag zurücknehmen – eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft beantragen können. Bislang musste man dafür erst ausreisen und sich dann vom Ausland aus um ein Arbeitsvisum bemühen.

Den größten Schub erhofft sich Madsen vor allem durch die Einführung des Branchenwechsels für alle so genannten nicht-reglementierten Berufe. «Für Unternehmen in Schleswig-Holstein bedeutet das, dass sie internationale Fachkräfte mit einer in ihrem Heimatland abgeschlossenen Berufsausbildung auch für solche Tätigkeiten einstellen können, die nicht ihrem erlernten Beruf entspricht.» Auf diese Weise hätten Arbeitgeber künftig einen deutlich größeren Spielraum bei Einstellungen, so Madsen. Als Beispiel nannte er, dass eine ausländische Fachkraft im Bereich Büromanagement künftig auch in der Logistik beschäftigt werden könne.
Hoffnung setzt Madsen auch auf die Änderungen für Berufskraftfahrer aus Drittstaaten. In diesem Bereich werde das Verfahren zur Einreise vereinfacht. «Zukünftig kann der Arbeitgeber entscheiden, ob die Deutschkenntnisse für die Tätigkeit ausreichen», sagt Madsen. Zudem trage der Arbeitgeber künftig die Verantwortung dafür, dass eine EU- beziehungsweise EWR-Fahrerlaubnis und die beschleunigte Grundqualifikation vorliege. Er erinnerte allerdings daran, dass weiterhin Stichproben-Kontrollen durch die zuständigen Stellen vorgenommen würden und bei Verstößen empfindliche Strafen drohen.
Nachbesserungsbedarf sieht Madsen bei der Erhöhung der Kontingente für die Westbalkan-Regelung und die kontingentierte kurzzeitige Beschäftigung. Dadurch könnten saisonalen Personalengpässe in den für Schleswig-Holstein wichtigen Bereichen Landwirtschaft und Gastronomie reduziert werden. Zudem sei der Bund gefordert, in Abstimmung mit den Ländern für Verfahrenssicherheit in der Umsetzung des Gesetzes zu sorgen. «Dafür braucht es eine Aufstockung der personellen Ressourcen in Visa-Stellen und Ausländerbehörden, um den aktuellen Bearbeitungsstau rasch abzubauen», so der Minister.