Madsen: Hafen Kiel und Güterstrecke Neumünster-Oldesloe ins EU-Kernnetz

Die jüngste Entscheidung von EU-Rat und EU-Parlament, den Seehafen Kiel und die Güterverkehrs-Bahnstrecke Bad Oldesloe – Neumünster nicht in das transeuropäische Verkehrs-Kernnetz (TEN-V) aufzunehmen, beruht aus Sicht von Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) auf Fehleinschätzungen: «Der Seehafen Kiel liegt am Nord-Ostsee-Kanal und damit an einer der weltweit wichtigsten Wasserstraßen überhaupt. Und die Bahnstrecke zwischen Neumünster und Bad Oldesloe hat keineswegs nur eine regionale Bedeutung, sondern ist für das deutsche Fernverkehrsnetz hochgradig relevant», sagte Madsen heute der Deutschen-Presse-Agentur. EU-Rat, Parlament und EU-Kommission hatten sich kurz vor Weihnachten nach einem Trilogverfahren zur Reform der TEN-V-Verordnung gegen beide Nord-Projekte entschieden.

Híntergrund der Reform ist, dass die EU-Staaten zum TEN-V-Netz gehörende Straßen, Bahnstrecken, Flüsse und Kanäle sowie andere Verkehrsinfrastruktur bis 2050 auf gewisse Standards bringen. Im Kernnetz soll der Ausbau bereits 2030 geschafft sein. Der erzielte Kompromiss sieht unter anderem vor, dass die Kernnetz-Bahnstrecken bis 2030 elektrifiziert werden und dass Güterzüge dort mit einer Geschwindigkeit von mindestens 100 Kilometern pro Stunde fahren. Für Passagierzüge gelten mindestens 160 Kilometer pro Stunde. Die Verfahren an EU-Binnengrenzen sollen zudem so weit vereinfacht werden, dass Güterzüge dort im Durchschnitt höchstens noch 25 Minuten warten. Außerdem sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass mindestens drei Viertel der Güterzüge im TEN-V mit maximal 30 Minuten Verspätung ans Ziel kommen.

Nach den Worten von Madsen hatte sich die Landesregierung bis zuletzt für die Aufnahme des Kieler Hafens sowie die Schienengüterstrecke Neumünster – Bad Oldesloe stark gemacht. Und obwohl sich das EU-Parlament mehrheitlich für diese Aufnahme ausgesprochen habe, sei der Vorstoß in den Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission gescheitert. «Ganz offensichtlich hat die Bundesregierung unsere Bemühungen in Brüssel nicht mit der nötigen Vehemenz vertreten. Ich lade deshalb Bundesverkehrsminister Wissing gern einmal in den Kieler Seehafen ein, um sich selbst ein Bild vom dortigen Passagier- und Güterverkehr zu machen», sagt Madsen. Und weiter:

Aus seiner Sicht habe die EU nicht die spezifische Bedeutung von Seehafen und Güterstrecke erkannt, sondern rein formal argumentiert. So erreiche der Hafen Kiel zwar nicht den nötigen Schwellenwert von mehr als einem Prozent des gesamten jährlichen EU-Frachtvolumens für Massen- und Nicht-Massengüter. «Aber dass der Hafen gewissermaßen Eingangstor der TEN-Route ,Nord-Ostsee-Kanal’ ist und nebenbei eine Drehscheibe des Passagierschiffs-Aufkommens im Ostseeraum findet in den Überlegungen nicht statt», so Madsen.

Ähnlich widersprüchlich ist aus seiner Sicht die Argumentation bei der Strecke Bad Oldesloe – Neumünster. Hier sei die Kommission der Auffassung, dass deren Einbeziehung zu einer zu vermeidenden Verdichtung des Kernnetzes führen würde. Madsen: «Im Ergebnis wird nun aber genau das Gegenteil der Fall sein, da die schon überlasteten Strecken wie Hamburg-Elmshorn eine weitere Verdichtung erfahren und nun die Ausgleichsstrecke über Neumünster für den Güterverkehr nicht mehr zur Verfügung stehen wird», sagt Madsen. Das sei für Schleswig-Holstein besonders bitter, da künftig auch Personenverkehr Richtung Hamburg verstärkt über diese Strecke abgewickelt werden könnte. Madsen: «Und somit hätte sie eindeutig auch hohe Relevanz für den Fernverkehr.» Dafür müsse die Verbindung jedoch zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert werden, was nun – ohne EU-Mittel – auf den Bund und das Land zurückfalle.

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