
Kiel. Trotz einer Einspar-Vorgabe von 12 Millionen Euro pro Jahr infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts ist Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen zuversichtlich, den Sanierungsstau im Landesstraßennetz auch 2024 weiter abzubauen. «Von unseren 3.500 Kilometern Landesstraßen wollen wir bis 2027 wieder 564 Kilometer in einen Top-Zustand versetzen und bis 2035 zumindest den größten Teil des Netzes», sagte Madsen. Die dafür ursprünglich angesetzten 90 Millionen Euro jährlich seien von der Landesregierung 2023 nochmals um 20 Millionen Euro für Radwege aufgestockt wurden. «Uns stehen also 98 Millionen Euro pro Jahr und damit mehr Mittel als in der letzten Legislatur zur Verfügung», so der Minister. Einziger Wermutstropfen: Steigende Preise und größere Schäden im Netz als erwartet würden das Sanierungstempo absehbar verlangsamen.

Madsen erinnerte daran, dass das Straßennetz in Schleswig-Holstein jahrzehntelang massiv auf Verschleiß gefahren worden sei: «Vor genau zehn Jahren beispielsweise wurden gerade einmal knapp 22 Millionen in Landesstraßen investiert, davon rund zehn Millionen reine Erhaltungsmittel – knapp ein Zehntel der heutigen Summen.» Zudem seien mittlerweile auch die Erhaltungs-Investitionen in Kreis- und Bundesstraßen gewaltig angewachsen. «Bei den Bundesstraßen haben wir zwischen 2022 und 2023 einen Aufwuchs um über 60 Prozent auf 147 Millionen Euro und bei den Kreisstraßen um 30 Prozent auf rund 19 Millionen Euro», so Madsen. Nach einer Analyse des Bundesrechnungshofs habe Schleswig-Holstein zudem unter allen deutschen Flächenländern die höchste Investitionsquote pro Kilometer Landesstraße.
Mit Blick auf die Inflationsrate und die durch das wechselhafte Winterwetter unerwartet tiefen Schäden an den Landesstraßen machte Madsen allerdings auch deutlich, dass weitere Einsparungen «den Rückwärtsgang auslösen» würden: «Mit unseren 98 Millionen Euro für die Landesstraßen befinden wir uns auf einem Kipp-Punkt: Weniger zu investieren hieße, dass die Zahl der sanierungsbedürftigen Straßen wieder schneller steigt als die Zahl der sanierten Straßen. Das würde die Anstrengungen der letzten sechseineinhalb Jahre über den Haufen werfen», so der Minister. Im vergangenen Jahr seien in Schleswig-Holstein 75 Kilometer Landesstraßen und 38 Kilometer Radwege in Schuss gebracht worden, für das laufende Jahr sei eine ähnliche Größenordnung angepeilt.

Trotz aller Bemühungen können laut Madsen allerdings nicht alle akut sanierungsbedürftigen Straßen zeitgleich repariert werden: «Wir werden zusammen mit unserem Landesbetrieb auch 2024 Prioritäten setzen und unser Sanierungsprogramm an den Realitäten bei den Fachkräften ausrichten müssen.» In der gesamten Branche fehle es vor allem an Ingenieuren, Technikern und Planern. Als prioritäre Bundesstraßen-Projekte nannte Madsen unter anderem den dreistreifige Ausbau der B 5 an der Westküste zwischen Tönning und Husum und die Ortsumgehung Schwarzenbek im Zuge der B 209 im Herzogtum Lauenburg. Wichtige Landesstraßen-Projekte für das laufende Jahr seien unter anderem die Landesstraße L 29 zwischen Hollingstedt und Esperstoft im Kreis Schleswig-Flensburg sowie die L 83 zwischen Bad Oldesloe und Sühlen im Kreis Stormarn.
Noch nicht einschätzbar sind nach den Worten von Madsen die finanziellen Auswirkungen des wechselhaften «Jo-Jo-Winters» mit Frost und Starkregen: «Das in den letzten Wochen zu beobachtende massive Auftreten von Schlaglöchern bestätigt uns allerdings einmal mehr in unserer Strategie des Zweiklangs aus rechtzeitiger Unterhaltung und nachholender Sanierung», so der Minister. Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV.SH) werde die flächendeckende Reparatur forcieren, sobald die Witterung es zulasse.