Der neue Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft, Christoph Ploß, hat die Kieler Woche für ein Arbeitstreffen mit Wirtschafts- und Verkehrsminister Madsen genutzt. Dabei zeigte sich er sich zuversichtlich, was die bisherige Unterfinanzierung der Seehäfen anbelangt. Riesige Chancen für den Norden sieht Ploß in der Energiewende. Die Häfen hätten das Zeug, zu echten Energie-Hubs zu werden und die Werften könnten sich auf den Bau von Offshore-Konverter-Plattformen konzentrieren. Ein Herzensthema von Madsen, das vom Bund geplante Kompetenzzentrum zur Munitionsbergung, will Ploß in Berlin ansprechen.

Der neue Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft und den Tourismus, Christoph Ploß, will zur Finanzierung der deutschen Häfen mehr Bundesmittel lockermachen. «Der Bund sollte hier den Ländern stärker unter die Arme greifen», sagte der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete bei seinem Besuch der Kieler Woche. Zahlen könne er zwar nicht nennen. Aber es sei klar: «Die Häfen gehen nicht nur die norddeutschen Küstenländer etwas an.»
Hafenpolitik sollte als nationale Aufgabe verstanden werden, so wie in den Niederlanden oder Belgien. Dort stehe die gesamte Politik hinter den Häfen. «Auch wenn das Grundgesetz die Zuständigkeit für die Häfen bei den Ländern verortet, wünsche ich mir so eine Sichtweise auch für Deutschland», betonte Ploß. Bislang überweist der Bund pro Jahr 38 Millionen Euro für alle deutschen Seehäfen zusammen. Die Branche und die fünf Nordländer fordern dagegen in der Summe bis zu 500 Millionen Euro.

Ploß sagte: «Auf Dauer wird der Bund die Hafeninfrastruktur deutlich besser ausstatten müssen.» Das könne über den Hafenlastenausgleich, aber auch durch die Förderung einzelner Projekte mit einem bundespolitischen Bezug erfolgen. Wir müssten es hinbekommen, dass die Finanzierung der Häfen verstetigt wird, zeigten sich Ploß und Madsen einig.
Dazu sollen noch in diesem Jahr von der Bundesregierung Maßnahmen präsentiert werden, die aufzeigen, wie die Häfen in Schleswig-Holstein, in Hamburg, in Mecklenburg-Vorpommern, in Niedersachsen und auch mit Abstrichen in Bremen und Bremerhaven umgebaut werden können. Dies könne der Bund ohne vorherige verfassungsrechtliche Diskussionen auch finanziell unterstützen. Grundsätzlich sind für die Finanzierung der Häfen jedoch die Bundesländer zuständig.
Zwar könne der Bund aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht einfach Geld für die Sanierung von Kaimauern bereitstellen, sagte Ploß. «Aber bei energiepolitischen Themen, die eine bundesweite Bedeutung haben, kann der Bund finanziell unterstützen und fördern.» Mit den Investitionen wolle die Bundesregierung nicht nur die Energiewende vorantreiben, sondern auch dafür sorgen, dass sich weitere maritime Infrastruktur rund um die Häfen ansiedele.
Anderseits müssten auch die Sondervermögen für die maritime Wirtschaft genutzt werden. Dabei böte sich die Autobahn 20 an. «Da werde ich auch als maritimer Koordinator und auch Koordinator für Tourismus dann alles tun, damit der Bau der A20 vorangetrieben wird. Weil die ist nicht nur für die Infrastruktur generell in Schleswig-Holstein wichtig, sondern auch gerade für die ganze maritime Wirtschaft.» Die A20 und auch die A26 Ost seien für den Norden enorm wichtig.

Zu den Themen Munitions-Altlasten im Meer, die Rolle der Seehäfen und der Werften bei der Energiewende sowie die bisherige Arbeitszeit-Regelung in der Tourismusbranche sagten Madsen und Ploß bei ihrem Treffen weiter – Audio starten, Pfeil klicken…
Madsen sprach von themenorientierten Bundeshilfen. Als Beispiele nannte er die Hinterland-Anbindungen von Häfen und Landstromanlagen für Schiffe oder den Nord-Ostsee-Kanal. «Die vorherige Bundesregierung war sich ja nicht so ganz darüber im Klaren, dass sie auch eine Seestraße haben.» Ploß ergänzte, auch die Bedeutung des Nord-Ostsee-Kanals werde leider manchmal unterschätzt.

Er wolle helfen, für die maritime Wirtschaft konkrete wichtige Projekte auf den Weg zu bringen. Aus dem Sondervermögen ließen sich beispielsweise der Kauf und die Ertüchtigung einer Fläche im Kieler Hafen finanzieren, der Bau eines Bahnhofs im Industriegebiet Brunsbüttel oder der Ausbau des Passagierterminals im Kieler Ostuferhafen oder die Modernisierung der Anleger am Lübecker Skandinavienkai. Denkbar sei auch die Finanzierung von Landstrom-Anlagen in der Hansestadt oder die Elektrifizierung von Bahnstrecken.
«Man kann auch zum Beispiel schauen, ob man sogar aus dem Verteidigungshaushalt oder aus dem Sondervermögen für Verteidigung einiges auch für die maritime Wirtschaft unternimmt», sagte Ploß. Darunter falle die Erneuerung von Brücken und Autobahnen generell, weil diese im Moment nicht ausgerichtet seien auf verteidigungspolitische Herausforderungen.

«Wir müssen unsere Häfen auch unter sicherheitspolitischen Gesichtspunkten betrachten», sagte Ploß. Deutschland habe Verpflichtungen innerhalb der Nato. Und «die Häfen sind im Ernstfall logistische Drehkreuze, etwa für Truppenverlegungen an eine mögliche Nato-Ostflanke». Entsprechend müsse die Infrastruktur auch für militärische Zwecke ertüchtigt werden. Das betreffe etwa Brücken und Zufahrten, die bislang oft nicht dafür ausgelegt seien, dass Panzer oder anderes schweres Gerät darüber transportiert werden können.
Mit Blick auf die Werften sagte Ploß: «Die Bundesregierung hat ein großes Interesse daran, dass die deutschen Werften in den Konverter-Plattform-Bau einsteigen.». Sogenannte Konverter-Plattformen sind notwendig, um auf See erzeugten Strom von den Windrädern in das Stromnetz an Land einzuspeisen.

Der Bund wolle die notwendigen Rahmenbedingen schaffen in Form von Bürgschaften der Kreditanstalt für Wiederaufbau. «Denn wir reden dort über hohe Milliardenbeträge, die investiert werden müssen. Da ist man ja schnell für eine Konverter-Plattform bei 2,5 bis 3 Milliarden Euro.»
Ploß will die notwendigen Investitionen durch Bürgschaftsprogramme absichern, damit mittelständische Unternehmen sich des Baus ohne Gefahr einer drohenden Pleite annehmen können. «Das ist ein wirklich sehr zukunftsträchtiges Geschäftsfeld für die maritime Branche in Deutschland, für Schleswig-Holstein, für Mecklenburg-Vorpommern, für Bremerhaven und für Niedersachsen.» Darin sehe er echtes Potenzial.
Die bisherigen Planungen zum Ersatz der Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen bis 2042 nannte Ploß peinlich. «In anderen Ländern wird über solche Zeiträume nur gelacht.» Er könne kein Datum nennen, weil Hamburgs rot-grüner Senat für das Planverfahren zuständig sei. «Aber parteiübergreifend sollte klar sein: Die Köhlbrandbrücke muss in den 2030er-Jahren fertig werden.»

Ploß ermahnte die norddeutschen Länder, mit einer Stimme zu sprechen und eng zusammenzuarbeiten. «Wenn der Norden uneins ist und beispielsweise Hamburg und Bremen sich mehr als Rivalen statt als Partner begreifen, dann schadet das allen», sagte der CDU-Abgeordnete. Die Rivalität zwischen Hamburg und Bremen gehöre auf den Fußballplatz – aber nicht in die Politik.
Nicht nur mit Blick auf die Hamburger Köhlbrandbrücke, den Bau der A 20 und das Milliarden-Sondervermögen des Bundes kämpfen sowohl Madsen als auch Ploß für eine massive Beschleunigung von Infrastrukturprojekten. Beide sagten dazu bei ihrem Treffen – Audio starten, Pfeil klicken…