Wenn am Freitag in Berlin die große Koalition ihre Pläne zum Klimaschutz vorlegt, wird Verkehrsminister Bernd Buchholz im Bundesrat eine eigene Initiative einbringen, um seinen Bundeskollegen Andreas Scheuer zu einer möglichst schnellen klimafreundlichen Verkehrswende auf der Schiene zu bewegen. FDP-Politiker Buchholz und die Kieler Jamaika-Regierung fordern darin von CSU-Minister Scheuer „eine zügige Realisierung“ des bereits angekündigten Elektrifizierungsprogramms für Bahnstrecken – ganz besonders im Norden. Darüber berichtet heute das „Flensburger Tageblatt“.
Bisher haben in Schleswig-Holstein nur 376 von 1275 Kilometer Schiene eine Oberleitung – auf den anderen knapp 900 Kilometern fahren die Züge mit schmutzigem Diesel. Mit einer Elektrifizierungsquote von nicht mal 30 Prozent liegt das nördlichste Bundesland so auf dem letzten Platz in Deutschland – und weit unter der 70-Prozent-Marke, die die große Koalition in den nächsten sechs Jahren bundesweit erreichen will. Niedersachsen und Bayern kommen dagegen wenigstens auf 50 Prozent, Hamburg sogar auf 90. Der Bundesdurchschnitt liegt derzeit immerhin bei 54.
Buchholz fordert daher, dass in Schleswig-Holstein nicht nur wie bereits geplant die Fehmarnbelt-Linie sowie die Strecken Lübeck-Bad Kleinen, Itzehoe-Brunsbüttel und Hamburg-Kaltenkirchen elektrifiziert werden, sondern auch die Marschbahn nach Sylt sowie die Linien Lübeck-Kiel und Bad Oldesloe-Neumünster. Solch einen Elektrifizierungsschub im Norden hält Buchholz für umso sinnvoller, als in Schleswig-Holstein viel Windenergie erzeugt wird, die direkt für den Fahrstrom genutzt werden könnte. „Die Bundesregierung sollte bei dem geplanten Förderprogramm sowohl die lokal erzeugte Energie als auch den niedrigen Elektrifizierungsgrad bestimmter Bundesländer berücksichtigen“, heißt es darum im Bundesratsvorstoß aus Kiel.
Aber Buchholz verfolgt mit seiner Initiative noch ein weiteres Ziel: Er will, dass der Bund die Elektrifizierungen der betreffenden Regionalstrecken auch komplett selbst bezahlt. Nach den bisherigen Plänen aus Berlin sollen sie dagegen aus Geldern des Gemeindeverkehrsfinanzierungsesetzes (GVFG) finanziert werden – und damit zu 40 Prozent von den Ländern. Zudem können aus GVFG-Mitteln nur Projekte gefördert werden, die teurer als 50 Millionen Euro sind. Beides würde nach Buchholz’ Einschätzung „zur Verzögerung oder gar Verhinderung von Elektrifizierungsvorhaben führen“. Daher lehnt der Kieler eine Finanzierung über das GVFG ab. „Wir begrüßen die Elektrifizierungsoffensive des Bundes“, sagt Buchholz, „erwarten jetzt aber auch, dass er sie finanziell ausreichend hinterlegt.“ Maßnahmen zur Emissionsreduzierung auf der Schiene dürften „nicht von der Finanzstärke der Bundesländer abhängig sein“.
Entschieden wird über den Vorstoß am Freitag noch nicht. Vielmehr wird der Bundesrat ihn erst mal zur Beratung in die Ausschüsse verweisen.