Minister und Mittelständler kritisieren geplantes Bestrafungsgesetz als „völlig realitätsfern“

Sitzung des Mittelstands-Beirats in Kiel – das Gremium bittet Wirtschaftsminister Buchholz auf Bundesebene gegen das geplante Integritätsgesetz vorzugehen.

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz hat das von der Bundesregierung geplante Gesetz für eine härtere Bestrafung von Unternehmen scharf kritisiert. Das Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft sei realitätsfremd und drohe, zu einer pauschalen Kriminalisierung von Unternehmern aller Branchen zu werden, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Gerade in der Corona-Krise werde das geplante Sanktionsrecht die Wirtschaft weiter schwächen. Der schleswig-holsteinische Mittelstandsbeirat habe ihn deshalb aufgefordert, zusammen mit anderen Länderkollegen im Bundesrat gegen die Pläne anzukämpfen.

Schleswig-Holstein hat gemeinsam mit Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine Initiative gegen das Gesetz gestartet. Der Entwurf von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) war im Juni von der Bundesregierung gebilligt worden. Demnach müssen Staatsanwaltschaften künftig gegen eine Firma ermitteln, wenn es den Verdacht gibt, dass aus dem Unternehmen heraus Straftaten wie Betrug, Korruption oder Umweltdelikte begangen wurden. Geldbußen sollen drastisch auf bis zu zehn Millionen Euro erhöht werden.

Buchholz sagte zu dem geplanten Gesetz weiter (Audio starten)

Kritiker bemängeln, dass mit dem geplanten Gesetz Unternehmen auch dann für Vergehen einzelner Beschäftigter bestraft werden könnten, wenn die Firma an sich und die Verantwortlichen keine Schuld trifft. Die Ermittlungsbehörden können in Deutschland keine Strafverfahren gegen Unternehmen führen, sondern nur Geldbußen nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz verhängen, so wie es etwa im Zusammenhang mit der Dieselaffäre geschehen ist. Aus Sicht der Bundesregierung ist damit keine angemessene Reaktion auf Unternehmenskriminalität möglich.

Die Wirtschaftskriminalität sei laut Bundeskriminalamt seit Jahren stark rückläufig, sagte Buchholz. Sanktionierungslücken seien im geltenden Recht nicht erkennbar. Größere Unternehmen verfügten bereits über gut funktionierende eigene Schutzmechanismen gegen Korruption und andere Straftaten. Kleineren Unternehmen und Freiberuflern drohten mit dem Gesetz erhebliche zusätzliche bürokratische Anforderungen, die in vielen Fällen zu einer Überforderung führen würden.

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