
Der Bau eines Ostseetunnels nach Dänemark kann beginnen. Das Bundesverwaltungsgericht wies heute sämtliche Klagen gegen den das umstrittene Milliardenprojekt ab. Damit existiert nun auch auf deutscher Seite Baurecht für den geplanten 18 Kilometer langen Tunnel von Fehmarn zur dänischen Insel Lolland. Ab 2029 soll die feste Fehmarnbeltquerung die Fahrzeit für Autos, Lkw und Züge nach Kopenhagen verkürzen.

Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Verkehrsminister Bernd Buchholz zeigte sich ebenso erfreut und erleichtert wie Ministerpräsident Daniel Günther: «Damit ist nach fast achtjähriger Planung, der Abarbeitung von fast 13.000 Einwendungen und den seit fast drei Jahren anhängigen Klagen beim Bundesverwaltungsgericht endlich der Knoten durchschlagen und dem Bau dieses großen europäischen Verkehrsprojekts steht so gut wie nichts mehr im Wege», sagte Buchholz. Und Ministerpräsident Daniel Günther machte deutlich: «Damit sind die Weichen dafür gestellt, dass die beiden Boom-Regionen Kopenhagen-Malmö und Hamburg zum Ende dieses Jahrzehnts näher zusammenrücken werden. Das verdanken wir der engen und intensiven Zusammenarbeit zwischen den dänischen und deutschen Beteiligten», so Günther.
Beide Politiker dankten vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des zuständigen Amtes für Planfeststellung Verkehr (APV), des Wirtschaftsministeriums und des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV.SH) – dem Bauherren auf deutscher Seite.
Buchholz sagte nach der Urteilsverkündung – Video starten
Zwei der ursprünglichen acht Klagen gegen das Projekt waren bereits im Vorwege für erledigt erklärt. Weitere Kläger waren der Naturschutzbund Nabu, ein Aktionsbündnis, mehrere Fährunternehmen sowie die Stadt Fehmarnten sich gegen das Vorhaben gewandt. Sie zweifelten die Verkehrsprognosen für den Eisenbahn- und Autotunnel an und fürchteten gravierende Umweltauswirkungen, etwa auf Schweinswale, Miesmuscheln und Eiderenten.
Die Einwände überzeugten die Bundesrichter des 9. Senats unter ihrem Vorsitzenden Dr. Wolfgang Bier allerdings nicht. Dem Bauvorhaben fehle es nicht an einer Planrechtfertigung, sagte der Bier in der Urteilsbegründung (Az.: BVerwG 9 A 7.19 u.a.). Deutschland und Dänemark hatten sich in einem Staatsvertrag auf das Projekt verständigt. Damit sei der Bedarf für den Tunnel gesetzlich geregelt – auch wenn dort sehr viel weniger Autos fahren werden als normalerweise auf deutschen Autobahnen. Die Kritiker hatten die Trasse als überdimensioniert eingestuft.
Hier die gesamte Urteilsverkündung des Senatsvorsitzenden
Freude über die «glückliche Entscheidung» der Bundesrichter herrschte unter anderem bei Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Er sagte: «Die Fehmarnbelt-Querung wird Europa näher zusammenbringen. Sie sorgt für einen leistungsfähigen grenzüberschreitenden Verkehr auf Straße und Schiene. Das Urteil zeigt, dass wir Großprojekte im Einklang mit Umwelt- und Landschaftsschutz voranbringen können.»
Die Unternehmensverbände im Norden (UVNord) sprachen von einem «Jahrhundertbauwerk über den Fehmarnbelt». Die norddeutsche Wirtschaft warte seit Jahrzehnten sehnsüchtig darauf, sagte UVNord-Präsident Uli Wachholtz. «Skandinavien kommt ein gutes Stück näher- ein guter Tag für den gesamten Norden!» Auch IfW-Präsident Prof. Gabriel Felbermayr hatte den Tunnelbau auf Twitter als «bahnbrechende Weichenstellung für eine bessere Anbindung an die Regionen Kopenhagen und Südschweden» bezeichnet.
Die dänische Projektgesellschaft Femern A/S kündigte einen baldigen Baubeginn an. «Das Gericht hat alle Klagen abgewiesen, das heißt, wir dürfen sofort in Deutschland beginnen.» Ab Januar werde eine Fabrik für die Tunnelelemente in Dänemark errichtet. Achteinhalb Jahre später solle der Tunnel fertig sein, dessen Elemente auf den Meeresboden abgesenkt werden.
Im Nachbarland besteht schon seit 2015 Baurecht. Dänemark wird den Tunnel auf eigene Kosten von geschätzt 7,1 Milliarden Euro bauen und betreiben. Deutschland muss für die Kosten der Straßen- und Schienenanbindung auf schleswig-holsteinischer Seite in Höhe von 3,5 Milliarden Euro aufkommen. Darin enthalten ist ein Risikopuffer von 1,1 Milliarden Euro. Die deutsche Hinterlandanbindung ist Gegenstand gesonderter Genehmigungsverfahren. Mehrere Gemeinden verlangen einen besseren Lärmschutz.
Der Nabu sprach nach dem Urteil von einem schwarzen Tag für Schweinswal und Meeresumwelt. «Wir sind erstmal enttäuscht, dass das Gericht unseren Sorgen um den Schutz von Ostsee, von Schweinswalen und von Meeresenten nicht gefolgt ist», sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Bedenken der Naturschützer seien quasi weggewischt worden. Buchholz machte allerdings deutlich, dass das Land und die Planer den Naturschutzverbänden weiterhin die Hände ausstrecken und ihre Belange auch weiterhin akribisch berücksichtigen werden.
In einem Punkt müssen die Planer laut Gericht allerdings nachbessern. Nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses waren im Bereich der Trasse Riffe entdeckt worden, die als Biotope streng geschützt sind und nicht zerstört werden dürfen. Hier muss in einem ergänzenden Verfahren nun geklärt werden, wie das Problem nachträglich gelöst werden kann.
Buchholz zeigte sich überzeugt, dass bis zur geplanten Fertigstellung im Jahr 2029 auch die deutsche Hinterlandanbindung des Tunnels ausgebaut sein werde. «Alle Beteiligten haben jetzt den Startschuss gehört.» Zurücklehnen sei nicht angesagt. Die «glückliche Entscheidung» der Richter in Leipzig zeige zudem, dass Verkehrsprojekte dieser Größenordnung durchaus in Deutschland funktionieren können. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass es bei solchen Planungen nicht nötig sei, «quasi wissenschaftlich in die Forschung» zu gehen. Es reiche aus, die Dinge nach den Regeln von Technik und Wissenschaft zu bewerten. Das Urteil sei ein «Meilenstein für die Infrastrukturplanung in Deutschland».
Dazu sagte der Minister weiter – Audio starten
Das ist ja hervorragend, das dieses so wichtige Projekt nun starten kann.
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