Nord-Länder fordern „Zeitenwende“ im Schiffbau und rasche Umsetzung des Rüstungsprogramms

In einem Appell an den Bund haben die fünf norddeutschen Wirtschafts- und Verkehrsminister eine Zeitenwende für die Schiffbauindustrie gefordert. Sie plädieren für eine bessere Baufinanzierung für Offshore-Windanlagen und Anreize zum Umbau der Handelsflotten in Richtung klimaneutrale Schifffahrt.

«Wir sind uns einig, dass besonders in der maritimen Industrie gezeigt werden kann, dass die Verbindung von ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen mit wirtschaftlichem Erfolg gelingen kann. In diesem Rahmen können die Werften und Zulieferer künftig einen gewichtigen Beitrag für die deutsche Energiewende, für die Nutzung der Offshore-Windenergie, für die Logistik erneuerbarer Kraftstoffe sowie den Umbau der Handelsflotte hin zu Klimaneutralität und Effizienz leisten», sagte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen. Das aktuelle politische Ziel Deutschlands und der EU, die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen, insbesondere Erdgas, auf Dauer zu beseitigen, sei ohne eine leistungsstarke maritime Wirtschaft nicht erreichbar. Nicht zuletzt deshalb müsse die Bundesregierung auch rasch ihr 100-Milliarden-Rüstungsprogramm auf den Weg bringen, so Madsen.

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer, der den Appell an den Bund angeregt hatte, sagte: «Der Branche kommt sowohl bei den klimapolitischen als auch sicherheitspolitischen Veränderungen eine Schlüsselrolle zu.»  Neben Meyer und Madsen unterzeichneten auch ihre Amtskollegen aus Hamburg, Niedersachsen und Bremen sowie der Verband für Schiffbau und Meerestechnik, die IG Metall Küste und die Industrie- und Handelskammer Nord den Appell.

Madsen vor einem U-Boot-Neubau der Kieler Werft TKMS

Mit Blick auf das vom Bund infolge des Ukraine-Kriegs aufgesetzte Sondervermögen „Bundeswehr“ in Höhe von 100 Milliarden Euro sagte Madsen: «Das ist ein sehr wichtiger und richtiger Schritt, denn gerade dem Ostseeraum wird künftig eine besondere strategische Bedeutung zukommen. Das erzwingt eine deutliche Verstärkung und Modernisierung der Fähigkeiten der deutschen Marine. Die wenigen Werften in Deutschland, die im Marineschiffbau noch aktiv sind, brauchen Planungssicherheit und eine Perspektive. Nur so kann sichergestellt werden, dass dringend notwendige Investitionen auch stattfinden, die Stärken Deutschlands in Forschung und Entwicklung ausgebaut und die vielen Tausend Arbeitsplätze erhalten werden.»

Schulterschluss für eine Zeitenwende im Schiffbau (v.l.): Michael Westhagemann (Hamburg), Claudia Müller (Maritime Koordinatorin), Heiko Messerschmidt (IG Metall), Kristina Vogt (Bremen), Alexander Anders (IHK Nord) und Minister Madsen

Hintergrund: Erste Werften erwägen aktuell eine Reduzierung ihrer Schiffbaukapazitäten, weil diese nicht einfach verlustbringend freigehalten werden können. «Und die Erfahrung zeigt, dass strategische Schiffbaukapazitäten, die einmal verloren gegangen sind, nie wieder zurückkehren.»

Auch industriepolitisch ist es nach den Worten Madsens entscheidend, dass die Nord-Werften auch kurzfristig am 100-Milliarden-Paket partizipieren. Aus seiner Sicht sei vor allem die Vergabe eines 3. Loses der geplanten Marine-Korvetten vom Typ K 130 wichtig.

Madsen sagte nach der Konferenz im Gespräch mit Journalisten weiter – Audio starten, Pfeil klicken…

«Es kann nicht sein, dass ein Großteil der Wertschöpfung aus dem Sonderprogramm im Ausland ausgelöst wird, während vieler unserer Werften dringend Aufträge benötigen», so Madsen. Sollte allerdings aus sicherheitspolitischen Erwägungen eine Vergabe ins Ausland erfolgen, müsse der Bund als Auftragsgeber sicherstellen, «dass unsere heimischen Unternehmen über eindeutige local content-Regelungen an der ausgelösten Wertschöpfung zumindest teilhaben können und auf diesem Wege auch ihre Innovationsfähigkeit gestärkt wird». Darüber hinaus sei wichtig, dass für Wartungen und Instandsetzungen der neu zu beschaffenden Schiffe  ausschließlich inländische Werften beauftragt werden.

Die Koordinatorin der Bundesregierung für Maritime Wirtschaft und Tourismus, Claudia Müller, sprach nach der Konferenz von einem guten Austausch. Die Bedeutung der maritimen Wirtschaft für die Energiesicherheit sei deutschlandweit ins Bewusstsein gerückt. Mit den Landesministern sei sie sich einig, dass die Planung beschleunigt, die Finanzierung verbessert und die lokale Wertschöpfung gesichert werden müsse.

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