Mega-Invest: DB-Werk Neumünster wird 2029 zur Intensivstation für neue ICE-L-Züge

Sperriger Name, starke Perspektive: Die „DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH“ mit ihrem Werk an der Kieler Straße gehört seit über 150 Jahren zum Stadtbild von Neumünster. Früher hieß es „Ausbesserungswerk“. Nun wird alles noch eine Spur breiter und kraftvoller: Wie die DB-Konzernbevollmächtigte Ute Plambeck heute bei einem Ortstermin Verkehrsstaatssekretär Tobias von der Heide erläuterte, investiert die DB rund 320 Millionen Euro in den Ausbau des Werks. Ab 2029 sollen hier die neuen ICE-Züge repariert und gewartet werden. Doch die 600 Frauen und Männer starke Belegschaft plagen auch Sorgen.

DB-Konzernbevollmächtigte Ute Plambeck im Gespräch mit Tobias von der Heide

Für den neuen Interims-Werkleiter Marcus Wendt, einst Flugzeugbauer bei Airbus, ist der Zeitplan ambitioniert, aber machbar: Mit dem Bau der neuen Halle soll 2027 begonnen und schon 2029 die ersten Züge des Typs ICE L in der neuen 450-Meter-Halle mitten auf dem 100.000-Quadratmeter-Gelände flottgemacht werden. Dafür hatte Neumünster eine bahn-interne Ausschreibung gewonnen. Nun läuft die europaweite Ausschreibung für die einzelnen Baulose. Der ICE L des spanischen Herstellers Talgo wird ab Oktober 2024 die ICE-Familie in Deutschland verstärken. Neue und modernere Züge sollen künftig für mehr Qualität und Komfort sorgen. Besonders stolz sind Plambeck und Wendt auf ihr dafür eingerichtetes „Kompetenzzentrum für Klimaanlagen“ und seit einem Monat hat das Werk auch eine Lizenz für den 3-D-Kunststoff-Druck.

Mit Interims-Werkleiter Marcus Wendt

Im Neumünsteraner Werk, das fast ein Fünftel des gesamten Auftragsvolumens der bundesweit tätigen „DB-Fahrzeuginstandhaltung GmbH“ stemmt, arbeiten rund 600 Menschen – darunter 100 Schwerbehinderte und fast 50 Auszubildende. «Hier wird Inklusion nicht propagiert, sondern still und pragmatisch gelebt», zeigte sich von der Heide beeindruckt. Das Ausbildungsspektrum für Frauen und Männer reiche vom Mechatroniker über Schlosser und Elektriker bis zum Logistik-Fachmann.  «Und wir sind zugleich ein bunter, multikultureller Haufen mit einer sehr offenen Fehlerkultur», wirbt  Werkleiter Wendt nicht ohne Stolz für frische Fachkräfte.

Und hier noch ein paar bewegte Impressionen des Besuchs als Instagram-Reel:

Aktuell werden im Werk IC-Reisezugwagen und ICE-1-Mittelwagen der Deutschen Bahn, Nahverkehrswagen und elektrische Triebzüge von DB Regio sowie externer teilweise internationaler Eisenbahnunternehmen untersucht, überarbeitet und modernisiert. Auch die DB Fernverkehr AG und die DB Regio AG lassen dort die Drehgestelle und Achsen der Reisezugwagen aufarbeiten. Seit 2020 wird im Werk Neumünster auch die ICE-1-Lebensdauerverlängerung abgewickelt. «Wir verlängern hier 30 Jahre alten Fahrzeugen nochmal um 15 Jahre ihr Leben», sagt Wendt.

Werksrundgang (v.l.): Werkleiter Wendt, Betriebsratschef Pätzel, Staatssekretär von der Heide, Schwerbehinderten-Beauftragter Uwe Lindholz, Betriebsrat Huß und Konzernbevollmächtigte Plambeck

Der Betriebsratsvorsitzende Heiko Pätzel und seine Kollegen Uwe Lindholz und Kristian Huß gaben dem Staatssekretär allerdings auch ein Sorgen-Päckchen mit auf den Weg nach Kiel: So gestalte sich bei der Einstellung von Schwerbehinderten zunehmend die Zusammenarbeit mit dem Integrationsamt Kiel als schwierig. Teilweise hätten Konflikte auch schon juristisch ausgetragen werden müssen. Zum anderen erschwere die wachsende Aggression innerhalb und außerhalb der Züge den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zunehmend das Leben. „Gerade in den Frühzügen spielen sich oft geradezu dramatische Szenen ab – sei es aufgrund von Alkohol oder Drogen – oder weil Kolleginnen und Kollegen als DB-Miarbeiter erkannt werden», sagt Huß. Von der Heide – zugleich Arbeits-Staatssekretär – versprach, das Thema mit nach Kiel zu nehmen und unter anderem mit der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, Michaela Pries, zu erörtern.

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