Bahn-Probleme: Von der Heide will Betreiber öfter einbestellen und die DB spalten

In Schleswig-Holstein wurden mittlerweile rund 110.000 Deutschlandtickets verkauft. Für das Land ein Erfolg und Indiz dafür, dass immer mehr Menschen vom Auto auf den Zug umsatteln. Doch sinkende Pünktlichkeitswerte und andere Probleme drohen der Mobilitätswende den Schwung zu nehmen. Verkehrs-Staatssekretär Tobias von der Heide (CDU) sieht die Schuld aber nicht nur bei den Verkehrsunternehmen. Er plädiert für eine rasche Trennung von Netz und Betrieb bei der DB AG.

Von der Heide (rechts) mit Erixx-Technik-Chef Rainer Blüm (links) und NAH.SH-Geschäftsführer Arne Beck


Angesichts sinkender Pünktlichkeit der Züge im Land sorgt sich Schleswig-Holsteins Verkehrs-Staatssekretär Tobias von der Heide um den Schwung der Mobilitätswende: «Wir erleben aktuell einen Ansturm auf das Deutschlandticket und dürfen diesen Drang zum Umstieg vom Auto auf den ÖPNV nicht verspielen», sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb investiere das Land bis 2027 unter anderem einen hohen dreistelligen Millionenbetrag in fast 100 neue und komfortable Züge.

Fahren ab 2027 auf den SH-Netzen: Die neuen Züge des Herstellers ALSTOM

Laut von der Heide sind 2022 nur 87,6 Prozent aller Züge pünktlich gewesen, deutlich weniger als im Corona-Jahr 2021 mit einer Quote von 91,2 Prozent. Ein besonderes Negativ-Beispiel in diesem Jahr sei das von DB-Regio betriebene Netz Mitte mit den Bahnverbindungen von Kiel und Flensburg nach Hamburg. Hier liege die Pünktlichkeit bei 77,8 Prozent. «Und auch die von Erixx betriebene Strecke Kiel-Lübeck und die Marschbahn bleiben Sorgenkinder“, sagt von der Heide.  Er verweist auf massive Strafzahlungen – allein 2022 hätten die Verkehrsunternehmen über vier Millionen Euro Malus-Zahlungen leisten müssen. «Wir werden die Spitzen der Verkehrsunternehmen bei Problemen künftig schneller einbestellen.»

Von der Heide sagte zur Situation der Bahn und des ÖPNV in Schleswig-Holstein weiter – Audio starten, Pfeil klicken…

Die Ursachen der Probleme sieht von der Heide keineswegs allein in Management-Fehlern der Bahnunternehmen, sondern vor allem in der seit Jahrzehnten auf Verschleiß gefahrenen DB-Infrastruktur. «Wenn selbst DB-Netz-Chef Nagel seiner Infrastruktur in Schleswig-Holstein die bundesweit schlechteste Zustandsnote 3,15 gibt, dann ist das schon bezeichnend», sagt er. Mit der jetzigen Qualität könne nicht einmal das heutige Angebot verlässlich gefahren werden, die hochgesteckten Wachstumsziele oder die angestrebte Verkehrswende seien so nicht zu erreichen.

Die von Bundesverkehrsminister Wissing (FDP) auf den Weg gebrachte gemeinwohlorientierte Bahngesellschaft «InfraGO» enthalte zwar erste gute Ansätze, langfristig helfe aber nur eine rasche und klare Trennung von Netz und Betrieb. «Und dann muss die Steigerung der Qualität und der Kapazität des Netzes oberste Priorität haben», sagte von der Heide. Alles andere sei ansonsten «nicht mehr als ein Reförmchen». Das Land sei auch durchaus bereit, künftig selbst stärkere Verantwortung für die Infrastruktur zu übernehmen, so der Verkehrs-Experte.

Unterdessen warnt heute in der „Süddeutschen Zeitung“ der Verband der Bahnindustrie davor, dass die Sanierung des Streckennetzes der Deutschen Bahn an fehlenden Milliarden scheitern könnte. Auch dessen Chefin Sarah Stark sieht deshalb in der „InfraGO“ und den Vorschlägen der Monopolkommission zur Aufspaltung der DB einen möglichen Ausweg.

Ein Gedanke zu „Bahn-Probleme: Von der Heide will Betreiber öfter einbestellen und die DB spalten“

  1. Eine Trennung zwischen Betrieb und Infrastruktur ist ebenso wenig die Lösung, wie gewinnorientierte Privatunternehmen im Bahnverkehr. Egal ob Krankenhäuser, Postzustellung oder die Bahn: Infrastruktur und Daseinsvorsorge zu privatisieren, hat noch nie funktioniert.
    Die Schweiz betreibt ein beinahe vollständig staatliches Bahn- und ÖPNV-System (selbst die Privatbahnen sind dort meist im Kantonsbesitz) und hat exzellente Pünktlichkeitswerte vorzuweisen, in Österreich sieht es ähnlich aus. Warum glauben wir, den gleichen Effekt mit einem exakt umgekehrten Effekt erzielen zu können?

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