
Rund 5.400 Unternehmen in Schleswig-Holstein werden in den nächsten Jahren vor der Frage stehen, ob und wer ihre Geschäfte fortführt. Diese Frage betrifft nicht nur die Unternehmerinnen und Unternehmer selbst, sondern auch die Beschäftigten oder die Kommunen. Für die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Kiel Grund genug, mit einem „Tag der Nachfolge“ zum wichtigen Thema wachzurütteln. Denn: Viele Geschäftsführende unterschätzen, wie intensiv und langwierig sich die Managementaufgabe darstellen kann.
Schirmherr der Veranstaltungs ist Wirtschaftsminister Bernd Buchholz, er sagte (Audio starten – im Browser anhören):
Der Tag der Nachfolge am gestrigen Montag lieferte passgenaue Antworten, wie die strategische Aufgabe gelingen kann. In Fachvorträgen boten Experten Hilfestellungen, Nachfolgeberater diskutierten mit Teilnehmern in kleinen Runden Themen und individuelle Fragen rund um die Nachfolge. Buchholz: „Es geht vor allem darum, Mittelstandsunternehmen samt zugehöriger Arbeitsplätze und Know-how im Land zu halten. Denn immer dort, wo sich kein geborener Nachfolger findet, ist die Gefahr groß, dass ein Betrieb von Investoren aufgekauft, zur verlängerten Werkbank degradiert oder sukzessive ausgehöhlt wird.“

Der Report zur Unternehmensnachfolge 2018 des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) zeigt, dass die Sorgen des Mittelstands um die Nachfolge wachsen. So hatte zum Zeitpunkt der Beratung durch die IHK-Experten jeder zweite befragte Senior-Unternehmer (47 Prozent) noch keinen Nachfolger in Sicht und sogar 70 Prozent der potenziellen Übernehmer noch nicht den richtigen Chefsessel gefunden. Die Umfrage verdeutlicht, dass ungeklärte Fragen bei der Anwendung des neuen Erbschaftsteuerrechts weiter für Verunsicherung sorgen. Entmutigend wirken auch der Fachkräftemangel und die Bürokratie. Eine weitere Hürde liegt in den emotionalen Schwierigkeiten, die 36 Prozent der Chefs damit haben, ihr Lebenswerk loszulassen.
Ein Unternehmer, der diese Herausforderungen kennt, ist Olaf Dähmlow, Geschäftsführer der Fr. Dähmlow GmbH & Co. KG aus Neumünster. Er hat vor fünfzehn Jahren den Schritt in die familieninterne Nachfolge gewagt. „Einfach war es nicht, und den Erfolg verdanke ich ganz wesentlich meinem Steuerberater und seiner absoluten Ehrlichkeit“, berichtet Dähmlow. Sich rechtzeitig die richtige Hilfe der Fachleute zu holen, das empfiehlt er heute. Im Rückblick hätte er jedoch gern mehr Zeit gehabt, um die verschiedenen Möglichkeiten im Nachfolgeprozess gegeneinander abwägen zu können.

„Erfolgreiche Unternehmensnachfolgen sind essenziell für die positive Entwicklung unseres Landes“, sagt Dr. Julia Körner, Geschäftsbereichsleiterin Existenzgründung und Unternehmensförderung der IHK zu Kiel. Für viele Unternehmerinnen und Unternehmer sei die Nachfolge aber nach wie vor ein unangenehmes Thema, das sie lieber aufschieben. Das sei aber ein Irrweg. „Gerade die Antworten auf rechtliche und steuerliche Fragen benötigten in vielen Fällen zeitlichen Vorlauf“, betont die IHK-Expertin.
Einen geboren Nachfolger oder eine geborene Nachfolgerin gebe es häufig nicht, erläutert Olaf Rosenbaum von der Kanzlei Rosenbaum – Steuerberater, Wirtschafts- u. Unternehmensberatung aus Kiel. Daher sei es wichtig, rechtzeitig die Möglichkeiten zu erkennen und zu gestalten: „Eine Übergabe innerhalb der Familie kann für ein Unternehmen eine Option darstellen, die Fortführung durch leitende Angestellte eine andere oder aber auch ein Verkauf an einen Unternehmensfremden“, sagt der Unternehmensberater. Eine Herausforderung: Einen objektiven Unternehmenswert gibt es in der Praxis nicht. Senior-Chefs und Interessenten hätten dazu oft stark abweichende Sichtweisen.
Wirtschaftsminister Buchholz appelliert vor allem an Schulabsolventen, sich genau zu überlegen, ob sie studieren oder vielleicht eine duale Ausbildung anstreben sollten: „Der Weg über den Gesellen zum Fachwirt oder Meister und schließlich zum Unternehmensnachfolger oder zur Unternehmensnachfolgerin kann mindestens so attraktiv und wirtschaftlich noch interessanter sein als eine akademische Laufbahn.“
In einem sind sich die Experten einig und appellieren an Unternehmerinnen und Unternehmer genauso wie an Interessierte: „Nicht zagen, nicht zögern – einfach machen!“