Tourismusminister Buchholz: „Es tut weh – aber bleiben Sie Schleswig-Holstein vorerst fern“

Die Corona-Pandemie breitet sich auch in Schleswig-Holstein rasant aus: Mit massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens wollen Bund und Land diese Entwicklung verlangsamen. Viele Geschäfte werden geschlossen, die Nord- und Ostseeinseln sind bereits abgeriegelt.

Eine beladene Norseefaehre der WDR-Reederei faehrt von Amrum zurueck zum Festland

Arbeitstag eins nach den massiven Einschränkungen des Alltagslebens in Schleswig-Holstein wegen der Corona-Pandemie: Schulen und Kitas sind zu, öffentliche Veranstaltungen finden vorerst nicht statt. Clubs, Fitnessstudios, Kinos, Theater bleiben bis zum 19. April geschlossen, auf die Inseln an Nord- und Ostsee dürfen keine Touristen mehr. Und dabei bleibt es nicht: Weil sich die Zahl der mit Sars-CoV-2 Infizierten weiter erhöht, folgen weitere Schritte. Darauf verständigen sich Bund und Länder. «Wir müssen alles dafür tun, die weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen», sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) heute nach einer Telefonkonferenz seines Kabinetts.

Viele Geschäfte müssen vorerst schließen, geöffnet bleiben dürfen nur Supermärkte, Apotheken und Drogerien, Tankstellen, Banken, Lieferdienste, Poststellen, Friseure, Reinigungen und Märkte für Tierbedarf. Ausdrücklich nicht betroffen sind auch Wochenmärkte. Restaurants müssen spätestens um 18.00 Uhr schließen. Der Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen, Schwimm- und Spaßbädern, Fitnessstudios und ähnlichen Einrichtungen ist laut dem Beschluss für den Publikumsverkehr zu schließen – ebenso gilt dies für Spielplätze. Nicht mehr möglich sind Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und bei anderen Glaubensgemeinschaften.

Die Landesregierung beschloss heute zudem weitreichende Beschränkungen für den Tourismus. Urlauber müssen ihre Unterkünfte am Mittwoch verlassen, die Hotels werden geschlossen. Ausnahmen gibt es nur für Geschäftsreisende oder Einsatzkräfte, beispielsweise Polizisten. In den Tourismusorten soll der Tagestourismus eingeschränkt werden, die Bäderregelung wird bis zum 19. April ausgesetzt. «Wir werden erhebliche Hilfen leisten, damit die Betriebe nicht in eine wirtschaftliche Schieflage geraten», sagte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP). Er bezeichnete die Lage als Stresstest für das Gaststättengewerbe und den Einzelhandel.

Bu2_kleinWeiter sagte Buchholz

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Bereits am frühen Morgen hatte das Land alle schleswig-holsteinischen Nord- und Ostseeinseln sowie die Halligen in der Nordsee für Touristen gesperrt. Dies sei auf breites Verständnis gestoßen, berichtete Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) unter Hinweis auf Lageberichte der Polizei. Zu den vom Touristenstopp betroffenen Nordseeinseln gehören Sylt, Amrum und Föhr sowie die Halligen Hooge und Langeneß. In der Ostsee ist die beliebte Ferieninsel Fehmarn für Touristen bis auf weiteres gesperrt.

Zur Situation der Einzelhändler und Mittelständler sagte Buchholz weiter – Audio starten, Pfeil klicken…

Außerdem wird an der deutschen Grenze zu Dänemark seit Montagmorgen kontrolliert, Touristen und andere Reisende ohne gravierenden Grund dürfen nicht mehr ins Land. Pendler und der Güterverkehr sind davon ausgenommen. Dänemark hatte seine Grenze zu Deutschland bereits am Samstag weitgehend geschlossen.

Nach Darstellung von Regierungschef Günther gingen die Schleswig-Holsteiner kooperativ und besonnen mit der aktuellen Lage um. Er verwies darauf, dass die Versorgung mit Lebensmitteln und Gütern des täglichen Gebrauchs gesichert sei. Für Einzelhandel, Wochenmärkte, Apotheken, Sanitätsläden und Drogerien werden die Sonntagsverkaufs-Verbote aufgehoben.

Binnen weniger Tage hat sich die Zahl der Coronavirus-Infizierten im nördlichsten Bundesland mehr als verdoppelt. 123 Fälle wurden laut Gesundheitsministerium bis Sonntag bereits erfasst, am Montag meldeten aber mehrere Kreise neue Fälle. Am Freitag waren es noch 60 Infizierte gewesen – mittlerweile sind alle 15 Kreise und kreisfreien Städte betroffen. Sechs Personen werden aktuell in Krankenhäusern behandelt. Todesfälle von Coronavirus-Infizierten gab es in Schleswig-Holstein laut Ministerium bisher nicht.

In einem Klassenraum der Grundschule Ramsharde in Flensburg stehen die Stühle auf dem Tisch

Seit Montag sind Schulen und Kitas landesweit generell geschlossen. Es gibt eine Notversorgung für Kinder von Eltern, die in besonders kritischen Infrastrukturen arbeiten und keine andere Betreuung organisieren können. Am ersten Tag mussten die Eltern von weniger als 1000 Kindern landesweit diese Angebote nutzen. «Ich bin dankbar, dass die Eltern in Schleswig-Holstein sich so verantwortungsvoll verhalten haben», sagte Bildungsministerin Karin Prien (CDU).

Wegen der besonderen Situation gewährt die Regierung Landesbeschäftigten Sonderurlaub. Eine entsprechende Regelung für Beamte und Angestellte, die zur Betreuung ihrer Kinder zu Hause bleiben müssen, habe die Landesregierung getroffen, sagte Regierungssprecher Peter Höver. Bei der Eindämmung der Pandemie spielt die Haushaltspolitik für Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) eine untergeordnete Rolle. «Die Gesundheit der Bevölkerung muss immer wichtiger sein als die schwarze Null», sagte Heinold der Deutschen Presse-Agentur. «In Notsituationen wie dieser kann das Land Schulden machen.»

Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, sollen Bürger nur in dringenden Fällen persönlich auf den Polizeiwachen erscheinen und stattdessen für die Erstattung von Anzeigen die Online-Wache nutzen. Wer ein Rezept für verschreibungspflichtige Medikamente braucht, soll dies telefonisch beim Arzt anfordern. Wenn vorhanden, sollen Patienten zudem Botendienste ihrer Apotheken annehmen.

Unterdessen hat sich die Ärztekammer an nicht mehr tätige Ärzte im Norden gewandt. «Bislang rein vorsorglich fragen wir hiermit an, ob Sie sich im Falle eines gravierenden Engpasses in der ärztlichen Versorgung fit fühlen und bei uns im Land bereit wären, einzuspringen», hieß es in einem Anschreiben der Ärztekammer an 1848 der insgesamt 18 000 Ärzte in Schleswig-Holstein.

Ein Gedanke zu „Tourismusminister Buchholz: „Es tut weh – aber bleiben Sie Schleswig-Holstein vorerst fern““

  1. Ihr schreibt: „Die Landesregierung beschloss heute zudem weitreichende Beschränkungen für den Tourismus. Urlauber müssen ihre Unterkünfte am Mittwoch verlassen, die Hotels werden geschlossen.“ Etwas weiter unten (nächster Absatz) ist dann von den Inseln die Rede. Es entsteht so mitunter je nach Lesart der Eindruck, die Einschränkungen beziehen sich nicht auf das Festland. Könnt ihr das bitte spezifizieren?

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