
In der Corona-Krise zeigt sich die Wirtschaft robust: Von allen 16 Bundesländern sinkt im Norden das Bruttoinlandsprodukt im ersten Halbjahr 2020 am geringsten. Minister Buchholz verweist auf die Wirtschaftsstruktur – und «ein Stückchen Glück».
Die rund 123.000 Unternehmen in Schleswig-Holstein haben die Corona-Krise im Vergleich zu den anderen Bundesländern bisher am besten verkraftet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,8 Prozent zurück, wie das Statistikamt Nord heute in Kiel mitteilte. Im Schnitt aller Bundesländer schrumpfte das BIP nach vorläufigen Berechnungen um 6,6 Prozent. Das größte Minus musste das Saarland verkraften mit 9,5 Prozent. Das exportorientierte Baden-Württemberg hatte ein Minus von 7,7 Prozent verbucht.
Dass Schleswig-Holstein die Corona-Krise relativ gut verkraftet hat, führte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz auf die Wirtschaftsstruktur im Norden zurück: «Wir haben wenig Industrie, wir haben wenig verarbeitendes Gewerbe, und dementsprechend sind die Einbrüche, die wir in Baden-Württemberg, in Nordrhein-Westfalen, in Bayern erleben, deutlich höher als bei uns.»
Schleswig-Holstein habe aber politisch auch einiges richtig gemacht und zugleich «ein Stückchen Glück gehabt». «Da, wo wir große Unternehmen und auch Industrien haben, ist das Geschäft gar nicht so schlecht gewesen.» Buchholz verwies auf die Gesundheitswirtschaft, die Ernährungswirtschaft und die Energiebranche. All diese Bereiche seien in der Pandemie nicht eingebrochen, sondern hätten sich sogar positiv entwickelt.

Buchholz sagte zu den Halbjahresdaten weiter – Audio starten
Und auch beim Tourismus «geht Schleswig-Holstein noch am besten aus der Tür», sagte Buchholz. Es habe sich als richtig erwiesen, Ende Mai wieder Tagestouristen ins Land zu lassen und den Beherbungsbetrieben eine 100-Prozent-Auslastung zu erlauben. «Das war der richtige Weg.» Zugleich betonte Buchholz: «Das Jahr wird für alle kein Boomjahr.»
Eine Prognose für das zweite Halbjahr 2020 wollte Buchholz angesichts der vielen Unwägbarkeiten in der Pandemie nicht wagen. «Aber wenn wir schon ganz gut durch das erste halbe Jahr gekommen sind (…), dann kommen wir etwas besser weg als wir das im ersten Halbjahr befürchtet haben. Insgesamt sei der Mittelstand im Norden krisenresistenter, aber ehrlicherweise müsse man sagen, dass man auch an einem Boom weniger teilhaben würde. Dass zahlungsunfähige Unternehmen ab Ende September wieder Insolvenzanträge stellen müssen, bezeichnete Buchholz als richtig. Es dürfe keine Bugwelle an Insolvenzen geben. «Alle werden sich darauf einstellen müssen, dass die staatlichen Hilfen endlich sein müssen und wir sie zeitlich begrenzen werden.»
Noch könne das Land helfen, die Mittel aus dem ersten Nachtragshaushalt seien noch nicht gänzlich aufgebraucht. Man habe auch umgeschichtet von der Soforthilfe auf einen Härtefallfonds: «Wir versuchen, möglichst sparsam mit den Mitteln umzugehen, denn irgendwann muss das Geld zurückgezahlt werden – das belastet noch folgende Generationen.»
Die Bundesregierung hatte die Insolvenzantragspflicht im März wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt. Vom 1. Oktober an aber müssen Firmen, die zahlungsunfähig sind, wieder Insolvenzantrag stellen. Ausgesetzt bleibt die Antragspflicht vorerst für überschuldete Unternehmen.