So heftig wurde im Bundesrat wohl selten mit den Zähnen geknirscht: Die Länderkammer hat sich heute in einer Sondersitzung mit dem neuen Infektionsschutzgesetz befasst. Trotz massiver Bauchschmerzen stellte sich am Ende allerdings kein Landesvertreter gegen die so genannte Bundes-Notbremse, die am Montag in Kraft treten wird.
Inzwischen hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz unterzeichnet. Die Bedenken waren teilweise extrem groß. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz sprach in Vertretung für Ministerpräsident Daniel Günther von einer „Holzhammer-Bremse auf Initiative des Bundes“. Doch wolle man das Gesetz im Rahmen der Pandemie-Bekämpfung nicht weiter verzögern. Buchholz prophezeite der Bundesregierung jedoch ein baldiges Scheitern des Gesetzes am Bundesverfassungsgericht. Der erste Eilantrag gegen das Gesetz liegt bereits vor.

Buchholz brachte einen so genannten Entschließungsantrag mit den Bedenken ein, in dem die Bundesregierung zu Nachbesserungen aufgefordert werden sollte. Der Antrag fand keine Mehrheit. Buchholz erinnerte daran, dass Schleswig-Holstein „differenziert und flexibel“ vorgegangen sei: „Es war möglich, wenn man konsequent gehandelt hat.“ Die Bundesnotbremse sei jetzt der „Holzhammer“, den niemand brauche.
Der schleswig-holsteinische FDP-Landtagsabgeordnete Jan Marcus Rossa kündigte unterdessen vor dem Bundesverfassungsgericht Klage gegen die Corona-Notbremse an. „Da ich von den Rechtsfolgen dieses Gesetzes unmittelbar betroffen sein werde und ich die Ausgangssperren für verfassungswidrig halte, bleibt letztlich nur der Gang nach Karlsruhe“, sagte der Jurist der Deutschen Presse-Agentur.
„Ein Automatismus für bestimmte Schutzmaßnahmen, der ohne Einzelfallbetrachtung massiv in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger eingreift, ist für mich nicht akzeptabel“, sagte Rossa. Schleswig-Holstein zeige, dass zentralistische Eingriffe in der Pandemie-Bekämpfung unnötig seien.
Wie Buchholz im Bundesrat erinnerte auch Rossa daran, dass es „mit konsequenten Maßnahmen gelungen war, dass in Flensburg das dynamische und dramatische Infektionsgeschehen Anfang des Jahres mit Inzidenzwerten von deutlich oberhalb 150 abgebremst und erfolgreich eingedämmt werden konnte“. Und die Erkenntnis aus diesem Krisenmanagement sei, dass die Ausgangssperre allem Anschein nach keinen messbaren Beitrag geleistet habe, also wirkungslos sei.