Buchholz zur geplanten Batterie-Fabrik bei Heide: „Ein echter Game-Changer für die Westküste“

Die Elektromobilität nimmt Fahrt auf. Damit steigt die Nachfrage nach Batterien – und auch der Bedarf am Recycling alter Batterien. Beides will der schwedische VW-Partner Northvolt von Schleswig-Holstein aus anbieten. Heute wurden die Pläne in Heide vorgestellt.

Pressekonferenz mit dem aus Schweden zugeschalteten Peter Carlsson – von links: Ministerpräsident Daniel Günther, Carlsson, Finanzministerin Monika Heinold, Wirtschaftsminister Buchholz.

Der schwedische Batteriehersteller Northvolt will in der Nähe von Heide eine Batteriezellfertigung mit rund 3000 neuen Arbeitsplätzen errichten. Eine entsprechende Absichtserklärung hat das Unternehmen mit der Landesregierung sowie der Region Heide geschlossen. Laut Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat die Investition einen Umfang von vier Milliarden Euro. Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) sprach von der größten Industrieansiedlung in Schleswig-Holstein seit Jahrzehnten – und einem «Game Changer» für die einstmals strukturschwache Region Westküste.

Buchholz sagte bei der heutigen Pressekonferenz in der Fachhochschule Westküste weiter – Audio starten, Pfeil klicken…

Die Bedeutung des neuen Werkes reicht weit über den Norden hinaus. Die deutsche Autoindustrie will insgesamt unabhängiger von bisher dominanten Zulieferern aus Asien werden. Hohe Marktanteile haben beispielsweise die südkoreanischen Elektronikkonzerne LG und Samsung. Die einzelnen Hersteller verfolgen unterschiedliche Ansätze, teils geht es um eigene Entwicklung und Fertigung, teils aber auch um Partnerschaften mit Zulieferern und entsprechende Beteiligungen. Es gibt EU-weite Initiativen zum Aufbau einer selbstständigen europäischen Zelltechnologie, die Kommission in Brüssel hat entsprechende Programme aufgelegt.

So könnte die Fabrik in Heide künftig aussehen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kündigte unterdessen Fördermittel im Rahmen des Programms «Important Projects of Common European Interest» (IPCEI) an. «Northvolts Produktion wird konkret dazu beitragen, die Lieferketten für Elektromobilität in Deutschland und Europa zu stärken», so der Minister. «Deshalb wird auch die Bundesregierung das Projekt substanziell unterstützen.» Eine Summe nannte er noch nicht. Den Rahmen für Fördermittel des Landes bezifferte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) mit bis zu 50 Millionen Euro.

Peter Mikkel Carlsson

Die endgültige Investitionsentscheidung ist nach den Worten von Northvolt-Chef Peter Carlsson lediglich «eine Sache von Monaten». Das Unternehmen hat bereits online erste Stellen ausgeschrieben. Der Produktionsstart ist für 2025 geplant. Parallel soll eine Anlage zum Recycling von Altbatterien ausrangierter E-Autos entstehen. Die geplante Kapazität in Heide gibt das Unternehmen mit jährlich 60 Gigawattstunden für etwa eine Million E-Fahrzeuge an.

Für die Standortwahl sprach aus Sicht der Schweden neben der günstigen Lage zwischen Nord- und Mitteleuropa der «Reichtum an sauberer Energie». Erklärtes Ziel ist es, Batterien für E-Autos mit «dem geringsten ökologischen Fußabdruck in Kontinentaleuropa» herzustellen. Der Standort Heide mit seiner stark ausgebauten Windenergieproduktion sei der «Schlüssel zur Verwirklichung dieses Ziels», sagte Carlsson. Auch die große Zahl von Fachkräften und der große Kundenstamm in Deutschland hätten eine Rolle gespielt.

Habeck nannte die Northvolt-Entscheidung «ein starkes Signal» für sein Heimatland. «Es zeigt sich auch: Erneuerbare Energien vor Ort sind inzwischen ein entscheidender Standortfaktor. Wer viel Erneuerbare ausbaut, hat sehr gute Karten.»

Die Landesregierung setzt nach den Worten von Buchholz darauf, dass die Northvolt-Fabrik eine Sogwirkung hat und weitere Unternehmen zum Beispiel als Zulieferer entlang der Achse Heide-Hamburg anzieht. Die Kreisstadt des Kreises Dithmarschen liegt wenige Kilometer von der Nordsee entfernt gut 100 Kilometer nordwestlich der Hansestadt. Probleme, ausreichend Fachkräfte zu finden, die in der eher ländlich geprägten Region arbeiten wollen, sieht Northvolt-Chef Carlsson nicht. Das Unternehmen habe erst 2021 rund 1800 Stellen ausgeschrieben und damit 100 000 Bewerbungen ausgelöst. Northvolt hat bislang ein Werk für Batteriezellen in im hohen Norden Schwedens.

Ein wichtiger Partner von Northvolt ist Volkswagen mit einer 20-prozentigen Beteiligung, als weitere Kunden werden unter anderem BMW sowie Volvo genannt. Die Schweden bauen eigens für VW Kapazitäten in Skellefteå aus, das seit Ende 2021 produziert. Das Werk werde bis Ende 2025 an seine Grenzen stoßen, sagte Carlsson. Parallel plant Europas absatzstärkster Hersteller selbst weitere Zellfabriken, gesetzt ist dafür bislang der Standort der bisherigen VW-Motorenfabrik in Salzgitter. Der Betriebsrat fordert mindestens eine weitere eigene Zellfabrik in Deutschland. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach sich für einen Standort an der niedersächsischen Nordseeküste aus, auch weil dort – wie eben in Heide – viel Ökostrom aus Windkraft verfügbar ist.

Hier die Pressekonferenz in Heide als Livestream-Aufzeichnung:

Derzeit baut auch der chinesische Konzern CATL in der Nähe von Erfurt ein Fertigung für E-Auto-Batteriezellen, aus der sich auch BMW bedienen will. BMW hat aber auch in Northvolt investiert. Opel und weitere Marken des Stellantis-Konzerns (Peugeot, Citroën, Fiat) hingegen wollen auf die Fertigung einer eigenen Zellfabrik in Kaiserlautern (Rheinland-Pfalz) zurückgreifen, die dort zusammen mit der französischen Totalenergies-Tochter Saft entsteht. Mercedes-Benz kündigte an, zur Versorgung seiner Elektroautos in die Batteriezell-Alianz von Stellantis und Totalenergies einzusteigen.

Mit Partnern wollen die Schwaben weltweit acht Zellfabriken errichten, darunter vier in Europa. Der US-Rivale Tesla nutzt viele seiner fahrzeugprozierenden Standorte gleichzeitig für die Zellfertigung – so auch in Grünheide bei Berlin.

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