90 Tage für monatlich 9 Euro Busse und Bahnen nutzen, also für insgesamt 27 Euro – der Vorstoß der Regierungskoalition soll nach dem Willen von Verkehrsminister Buchholz im Norden spätestes im Mai starten. Auch sein Hamburger Amts-Kollege Anjes Tjarks ist dabei.

Der Sparfahrschein soll laut Buchholz den gesamten Bereich des SH-Tarifs (Schleswig-Holstein und Hamburg) abdecken und 90 Tage reguläre Monatskarten ersetzen. Damit geht der Norden möglicherweise einen eigenen Weg, nachdem in einer turbulenten Sonderkonferenz der Verkehrsminister von Bund und Ländern am Freitag kein einheitliches Vorgehen absehbar schien.
Im Anschluss an die mehrstündige Sitzung blieben zwar viele Fragen zur konkreten Umsetzung des Tickets offen. Doch grundlegend in Frage stellte die Idee laut der Vorsitzenden der Verkehrsministerkonferenz, Bremens Bürgermeisterin Maike Schaefer, niemand. Gleichwohl gab es auch massive Kritik an dem unkoordinierten Vorgehen.

Verkehrsminister Bernd Buchholz formulierte es nach der Sitzung so – Audio starten, Pfeil klicken…
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), der kommenden Donnerstag auch erstmals Schleswig-Holstein besuchen wird, erläuterte unterdessen Details: Demnach sollten die günstigeren Tickets ausschließlich online verkauft werden, um den administrativen Aufwand so niedrig wie möglich zu halten. Auch Fahrgäste, die bereits ein Abo haben, sollen laut Wissing von der Vergünstigung profitieren. Die Kosten für Abos würden dann nicht abgebucht – oder erstattet. Die 9-Euro-Tickets gälten dann in den Verbundbereichen, in denen das sonst übliche Monatsticket auch gegolten hätte. Wissing sprach von Kosten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, die der Bund den Ländern erstatte. Wenn mehr Geld notwendig sei, werde sich der Bund nicht verweigern.
Nun sollen Bund und Länder so schnell wie möglich in einer Arbeitsgruppe die konkrete Umsetzung voranbringen. Die Länder hatten bei der Sitzung am Freitag vor allem Bedenken bezüglich des bürokratischen Aufwands angemeldet und als Reaktion auf den Vorschlag der Bundesregierung eine eigene Empfehlung abgegeben: Statt 9-Euro-Tickets solle stattdessen ein dreimonatiger Nulltarif eingeführt werden. Dagegen stemmten sich vor allem Bremen und Schleswig-Holstein: «Das würde neben unnötigen Mitnahme-Effekten vor allem zu Gedrängel führen, was wir in der derzeitigen Situation kaum gebrauchen können», so Buchholz.
Auch Bundesminister Wissing wies die Idee zurück. Mit einem 9-Euro-Ticket ließe sich die Nachfrage von Kundinnen und Kunden deutlich besser nachvollziehen als bei einem Nulltarif. «Bei dem 9-Euro-Ticket kennt man die Zahl der zusätzlichen Fahrgäste und kann entsprechend disponieren und vermeidet dadurch, dass es zu punktuellen Überlastungen kommt», sagte er.

Rückenwind für den vielfach als «Schnellschuss» kritisierten Vorstoß des Bundes kam von der «Wirtschaftsweisen» Veronika Grimm: «Es ist, glaube ich, richtig, Menschen mit niedrigen Einkommen, bedürftige Menschen auch zu entlasten. ÖPNV zu vergünstigen, das ist ebenfalls richtig», sagte sie im Deutschlandfunk.
Nach der Sitzung am Freitag «werden sich die Verkehrsunternehmen und Verbünde, koordiniert über den Branchenverband VDV und weitere Verkehrsverbände, jetzt unmittelbar an die Realisierung des Angebots begeben», teilte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) mit. «Dafür sind noch zahlreiche Details zu klären und branchenweit sowie mit der Politik abzustimmen.»
Für Fahrgäste und Abo-Inhaber heißt das zunächst: Weiter abwarten. Verkehrsunternehmen und Verbünde werden demnach alle Kundinnen und Kunden informieren, sobald die Rahmenbedingungen geklärt sind.