
Mit einem Dreierbündnis aus Politik, Arbeitgebern und Arbeitnehmern will die Landesregierung die rund 133.000 Industrie-Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein sicher durch die Krise bringen. «Wir verzeichnen seit Jahren einen Anstieg der industriellen Wertschöpfung – allein seit 2018 um drei auf derzeit über 40 Milliarden Euro jährlich. Und das trotz Pandemie», sagte Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Wenige Tage zuvor hatte er Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften zu einem Industrie-Trilog eingeladen. «Gerade für die Industrie sehe ich in der derzeitigen Situation nicht nur Klippen und Untiefen, sondern vor allem Chancen», so Madsen mit Blick auf das 100-Milliarden-Rüstungsprogramm der Bundesregierung.
Bei dem Spitzentreffen der Verbände mit Vertreterinnen und Vertretern des Wirtschafts- und des Energieministeriums (am Mittwoch) waren sich laut Madsen alle Beteiligten einig, dass neben gedeckelten Energiepreisen vor allem Genehmigungsverfahren beschleunigt und der Zugang zu Fachkräften verbessert werden müsse. Dazu habe man sich zu einem dauerhaften Industrie-Trilog verabredet. «Wenn sich alle Partner beispielsweise verpflichten, mehr ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen, dann wäre schon viel gewonnen», so Madsen. Schleswig-Holstein sei dafür attraktiv und biete gerade jungen Familien einen idealen Mix aus guten Lebens- und Arbeitsbedingungen.
Um Innovationen im forschungsschwachen Mittelstand zu beschleunigen plane das Land unter anderem die Einführung von Forschungsgutscheinen. «Eine entsprechende Richtlinie ist in Arbeit, nach der wir kleinen und mittleren Betrieben die Hälfte der Kosten für Forschungsaufträge erstatten wollen», sagt Madsen. Ein großes Innovationsfeld sei vor allem der Bereich der Erneuerbaren Energien von Windkraft bis Wasserstoff. Hier sei Schleswig-Holstein bundesweit spitze. «Allein die wachsende Zahl von Startups in diesem Bereich ist ermutigend», sagt Madsen. Aber auch die Duale Ausbildung als Garant für qualifizierte Fachkräfte werde von der Landesregierung weiter gestärkt.
Eine besondere Rolle bei der Schaffung und Sicherung von Industriearbeitsplätzen kommt nach Einschätzung des Ministers vor allem der Wehrtechnik mit ihren landesweit 7.400 direkt und über 10.000 indirekt Beschäftigten zu. Ein Großteil dieser Jobs sei über Werften und andere Großbetriebe wie den Rüstungskonzern Rheinmetall in Kiel verankert. Madsen: «Deshalb ist für die Betriebe elementar, rasch Klarheit über das 100-Milliarden-Rüstungsprogramm der Bundesregierung bekommen, um sich auf die Aufträge vorzubereiten.»
Auch beim Industriekongress der Landeshauptstadt Kiel am letzten Donnerstag ging es einmal mehr um die Rolle der Wehrtechnik in Schleswig-Holstein – hier ein Mitschnitt der Pressekonferenz:
Neben der Wehrtechnik sieht Madsen für Kiel noch ein weiteres großes Wachstumsfeld: «Dank seiner herausragenden Lage und seiner Kompetenzen im Bereich der Bahntechnik steht Kiel vor allem auch für neue Mobilität und Energie am Wasser.» Rund 17.000 Menschen seien in Kiel im produzierenden Gewerbe in knapp 1.000 Unternehmen beschäftigt. Etwa 17 Prozent der Bruttowertschöpfung werde in der Industrie erwirtschaftet. «Was Kiel nun gut gebrauchen könnte, wären vor allem weitere Ansiedlungen – prädestiniert dafür sei das Gewerbegebiet ,Strandort’ in Friedrichsort», so Madsen. Die Landesregierung sei bereit, die Landeshauptstadt dabei zu unterstützen.