Wenn Babyboomer in Rente gehen… Mit vereinten Kräften gegen die Fachkräftelücke

Mit einer Serie von regionalen Informations- und Netzwerkveranstaltungen stemmen sich Landesregierung, Arbeitsagentur und Wirtschaft in Schleswig-Holstein weiter gegen den Fachkräftemangel. Heute gab es dazu den Auftakt in Kiel, kommende Woche geht es in Flensburg weiter.

Bei der Auftaktveranstaltung im Kieler Landeshaus mahnte Wirtschafts- und Arbeitsminister Claus Ruhe Madsen: „Die Auswirkungen des demografischen Wandels werden schon kommendes Jahr spürbare Lücken in den schleswig-holsteinischen Arbeitsmarkt reißen. Immer mehr Babyboomer gehen dann Richtung Ruhestand und werden uns bis 2035 eine Lücke von 180.000 Fach- und Arbeitskräften hinterlassen.“ Und das bedeute, dass über zehn Prozent der Stellen im Vergleich zu heute nicht besetzt werden können.

Unter dem Titel „Gemeinsam für die Fachkräftesicherung in Schleswig-Holstein“ werde die Landesregierung in den kommenden Monaten deshalb eine Reihe regionaler Informations- und Netzwerktreffen anbieten, um gemeinsam mit der Wirtschaft nach Auswegen zu suchen. „Denn die Fachkräftesicherung kann nur gemeinsam mit allen am Arbeitsmarkt Beteiligten gelingen. Dabei müssen wir den Mut haben, auch neue, zunächst unmöglich erscheinende Wege zu beschreiten. Gemeinsam können wir entscheiden, wie unsere zukünftige Arbeitswelt aussehen soll“, so der Minister.

Mit auf dem Podium saß der prominente Arbeitsmarktforscher und Chef des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Prof. Bernd Fitzenberger. Er sagte im Anschluss an die Auftaktveranstaltung (Video starten)

Themenschwerpunkt der Auftaktveranstaltung mit rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war die Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG). Nach den Worten von Madsen werde allein in Schleswig-Holstein mit einem jährlichen Netto-Arbeitskräftezuwanderungsbedarf von 12.000 bis 13.000 Personen gerechnet. „Und dank der jüngsten Änderungen des FEG erwarten wir, dass jährlich immerhin rund 2.400 Menschen aus dem Ausland gewonnen werden.“

Madsen zog nach der zweistündigen Veranstaltung im Schleswig-Holstein-Saal des Landeshauses sein Fazit so .

Markus Biercher, Chef der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit (BA), begrüßte die Änderungen des FEG ebenfalls: „Aufbauend auf dem langfristig positiven Entwicklungspfad der Erwerbsmigration dürfte mit den Rechtsänderungen eine weitere Steigerung der Fachkräfteeinwanderung erreicht werden.“ Zusammen mit Madsen appellierte er an die Unternehmerinnen und Unternehmer im Land, die Arbeitgeber-Angebote der BA zu nutzen und Bedarfe an unbesetzten Stellen unbedingt zu melden.

Biercher sagte nach der Podiumsdiskussion – Video starten:

Gast auf dem Podium war auch Hinrich Habeck, Chef der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer GmbH Schleswig-Holstein (WT.SH). Sein Haus wird ab dem 18. Dezember auch das neue „Welcome Center“ des Landes führen, in dem ausländische Fachkräfte, aber auch die Wirtschaft in Schleswig-Holstein eine zentrale Anlaufstelle haben werden.

Das Welcome Center soll sowohl internationale Fach- und Arbeitskräfte und deren Familien unterstützen als auch Unternehmen in Schleswig-Holstein als Anlauf-, Erstberatungs- und Informationsstelle für alle Fragen der Personalbeschaffung und Integration internationaler Fachkräfte aller Berufsgruppen mit abgeschlossener Qualifikation dienen. Auch Auszubildende und Studierende im In- und Ausland, die kurz vor dem Abschluss stehen sowie Geflüchtete gehören zur Zielgruppe.

Rund um Service für internationale Fach- und Arbeitskräfte und Unternehmen Dafür gibt es ein umfangreiches Service- und Unterstützungsangebot: U.a. Erstberatung zu Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen, Unterstützung bei melde- und aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten, Informationen zur sozialen Infrastruktur, Wohnen, Gesundheits- und Bildungssysteme, Familiennachzug und Informationen zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Ebenso werden insbesondere kleine und mittlere Unternehmen und Organisationen, die eine Fach- bzw. Arbeitskraft aus dem Ausland einstellen möchten oder bereits beschäftigen, unterstützt.

Das Thema Arbeitsmarkt-Integration Gefflüchteter beschäftigte das Podium und die Gäste heute ebenfalls intensiv. Das Arbeitsministerium gab dazu den folgenden filmischen Einblick in gelungene Beispiele erfolgreicher Fachkräftegewinnung in Schleswig-Holstein – trotz anfänglicher Sprachbarrieren. Video starten

Ein Gedanke zu „Wenn Babyboomer in Rente gehen… Mit vereinten Kräften gegen die Fachkräftelücke“

  1. Die Berufsgruppe der Lokführer, genauer Triebfahrzeugführer wird ja hier explizit angesprochen. Es ist ja schön und gut, wenn die Politik das Thema „Fachkräftemangel“ auf die Agenda setzt, aber nur darüber reden bringt nichts, es wird in der aktuellen Politik auch in Schleswig-Holstein weiter so gehandelt, als gäbe es ihn nicht. Fahrpersonale der Bahnen, also die Triebfahrzeugführer und Zugbegleiter leisten einen extrem aufreibenden Dienst, unregelmäßiger Schichtdienst, Wochenend-, Feiertags- und Nacharbeit, ungeplante Sonderschichten, Anrufe des Arbeitgebers in der Freizeit, immer respektloserer „Fahrgäste“. Die Politik setzt dem noch einen drauf. Die Platzangebote und die Anzahl der fahrenden Züge sind in Verträgen meist auf 10 Jahre festgelegt. Die Züge sind durch den normalen Bedarf schon oft überlastet, vor allem an schönen Sommertagen waren das bisher schon unzumutbare Zustände. Was macht die Poltik? Kommt mit dem „Deutschlandticket“, rottenweise machen sich nun Partytouristen, Familien usw. auch noch mit Fahrrädern und Bollerwagen auf, sich in die ohnehin vollen Züge zu quetschen. Ausbaden dürfen das alles die Eisenbahner. Daß die Fahrgeldeinnahmen sinken und der Zuschußbedarf steigt, darüber denkt man genausowenig vorher nach wie über die mangelnde Kapazität des Bahnverkehrs. Mehr Züge gibt es nicht, der Ausschreibungswahn läßt Reserven nicht zu, der billigste bekommt den Zuschlag. Eisenbahn als Ramschware. Kein Wunder, daß die Nachfrage an Jobs im Bahnbereich überschaubar ist. Einen weiteren Aspekt der Ausschreibungen hat Herr Madsen auch nicht im Blick oder ignoriert es. Gibt es einen Betreiberwechsel in einem Netz, beginnen die Personale sich ab Bekanntwerden des Übels sich beruflich anderweitig zu orientieren. Nur die DB hat einen „Konzernarbeitsmarkt“, teilweise können alternative Arbeitsplätze angeboten werden, aber oft weit weg vom Wohnort. Wer Familie, Wohneigentum und Verwandte vor Ort hat, zieht nicht um und überhaupt, wer will schon alle zehn Jahre umziehen. So kommt es zu ersten stärkeren Personalengpässen schon in dieser Zeit. Zum Ausschreibungsgewinner zu wechseln bedeutet die demütigende Prozedur einer Bewerbung mit Anschreiben, Bilder machen lassen, Vorstellungsgesprächen, Tests, Untersuchungen und dann Verlust der Dienstjahre, Verlust betrieblicher Altersvorsorge usw. Da wird mancher dem System Bahn ganz den Rücken kehren, auf Nimmerwiedersehen und wenn man sich schon bewerben muß, die Branche wechslen, vielleicht z.B. zur neuen Batteriezellenfabrik in Heide, wenn sie denn kommt. Oft sind die Gewinner Klitschen wie erixx, die für die Unzuverlässigkeit bekannt sind, die müssen dann neue Personale rekrutieren und ausbilden. Das gelingt nur bedingt, wie man immer wieder sieht: Zugausfälle und Probleme, weil unerfahrenes Personal auf Fahrzeuge mit jeder Menge Kinderkrankheiten treffen. So fordere ich, mit dem Mist mit den Ausschreibungen aufzuhören, das Ganze frei zu vergeben, wie es nach EU-Recht auch möglich ist und dazu nur zuverlässige Unternehmen wie die Deutsche Bahn oder die Nordbahn/AKN zu wählen. Je mehr Netze eine Bahn betreibt, umso mehr besteht die Möglichkeit, Fahrzeuge und Personal flexibel einzusetzen, je eher ist es machbar, auch Reserven einzukalkulieren, die dann in mehreren Netzen eingesetzt werden kann. Ich fürchte nur, daß der Minister diesen Kommentar nicht einmal liest und wenn, ist es ihm egal, Hauptsache man kann wieder einmal verkünden, ein paar Euro vermeintlich gespart zu haben, auf dem Rücken der Bahnmitarbeiter und auch der Fahrgäste, die ihren Groll dann aber nicht bei dem Schuldigen, nämlich dem Minister und nah.sh abladen, sondern bei den Personalen vor Ort.

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