Bund stellt weichen für Ausbau von Autobahnen, Belt-Anbindung und Kanälen

Landesregierung zufrieden: Anmeldungen für Bundesverkehrswegeplan breit berücksichtigt – SH auf Rang 6 der Flächenländer

Warnbarken teilen die vierspurige Straße Kielseng in Flensburg aufgrund von Kanalisationsarbeiten in zwei Spuren auf

Gute Aussichten für die Verkehrs-Infrastruktur in Schleswig-Holstein: Der Bund hat mit dem heute in Berlin vorgestellten Entwurf des neuen Bundesverkehrs­wegeplans bis zum Jahr 2030  wesentliche Weichen für das künftige Verkehrsnetz im Norden gestellt: Allein für 15 neue und fünf laufende Bundesfernstraßenvorhaben sieht der Plan Bauprojekte mit einem Gesamtvolumen von drei Milliarden Euro vor. Hinzu kommen 1,5 Milliarden Euro für die Schienen-Anbindung der Beltquerung, 535 Millionen Euro für den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals sowie 790 Millionen Euro für den Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals. Bei den Volumen der Fernstraßen-Projekte liegt Schleswig-Holstein im Ländervergleich auf Platz sechs.

Verkehrs-Staatssekretär Dr. Frank IMG_0016Nägele sagte dazu im Gespräch mit Journalisten

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„Wir sind zufrieden, weil wir unsere Vorhaben sehr realistisch angemeldet und entsprechend gut abgeschnitten haben. Damit haben wir eine solide Grundlage, auf der wir weiter mit dem Bund über unsere wichtigen Infrastrukturprojekte reden können“, sagte Verkehrs-Staatssekretär Dr. Frank Nägele in Kiel.

Bis auf die Ortsumgehung von Tating im Zuge der B 202 auf Eiderstedt seien sämtliche gemeldeten Straßenbauvorhaben aufgenommen worden. Mit Ausnahme der Ostufer-Entlastungsstraße in Kiel (weiterer Bedarf) sowie der Abschnitte der A 21 als östliche Elbquerung (weiterer bedarf mit Planungsrecht) sind alle Projekte für den so genannten vordringlichen Bedarf des BVWP berücksichtigt worden. Ein Projekt – der sechsspurige Ausbau der A 23 zwischen Tornesch und Eidelstedt – wurde in den so genannten „vordringlichen Bedarf Engpassbeseitigung“ (VB-E) aufgenommen. Darin werden Projekte gelistet, bei denen heute einerseits ein besonderer Engpass und zugleich keine besonders ausgeprägte Umweltbetroffenheit vorliegen.

Wie Nägele mit Blick auf die seit Jahren geforderte Elektrifizierung der  Marschenbahn (Itzehoe-Westerland)  oder das dritte Gleis zwischen Elmshorn und Hamburg sagte, gebe es allerdings auch negative Projektbewertungen, über die mit dem Bund weiter geredet werden müsse. „Wir haben mit unseren Anmeldungen vor allem auch das Ziel verfolgt, den umwelt- und ressourcenfreundlichen Schienenverkehr zu stärken. Hier konnten wir offenbar nur teilweise überzeugen“, so der Staatssekretär.

Die Posten des Verkehrswegeplans im Einzelnen – Straßenprojekte:

Wegweiser und Hinweisschilder zur Autobahn A1 in Lübeck

Bei der A 20 mit westlicher Elbquerung werden alle Abschnitte im Vordringlichen Bedarf (VB) eingestuft. Eine Einstufung in den VB-E war nach den Worten von Nägele deshalb nicht erreichbar, weil es hier weder einen Engpass noch große Ausirkungen auf die Umwelt gebe. Überblick des aktuellen Planungsstands A 20 hier: A20_Planungsstand_Grafik

Der sechsstreifige Ausbau der A 23 im Engpassbereich AS Tornesch-AS Eidelstedt wird dagegen in den VB-E eingestuft. Hintergrund sind offenbar die hohen Verkehrsmengen und die Engpasssituation. „Trotz der höchsten Dringlichkeitskategorie wird die bauliche Umsetzung jedoch eher in der zweiten Hälfte des nächsten Jahrzehnts erfolgen können“, so Nägele, da der eigentliche Planungsprozess noch erfolgen müsse. Mit der Einstufung bestehe die Möglichkeit, die Planungen bald aufzunehmen. Bei hoher Verkehrsbelastung auf diesem Abschnitt könnte zunächst eine temporäre Seitenstreifenfreigabe geplant werden, um damit Staus zu vermeiden. Überblick über den aktuellen Planungsstand A 23 hier: A 23 und B5 Ausbaustand Grafik

Mit dem Ausbau der B 404 zur A 21 wird eine zweite leistungsfähige Nord-Süd-Verbindung geschaffen. Der Abschnitt von Kiel bis Stolpe gehört zu den so genannten fest disponierten Vorhaben. Der Ausbau kann daher weiterhin von Süden nach Norden vorangetrieben werden. Die Abschnitte von der A 1 bis zur A 24, die zum Teil heute schon dreistreifig unter Verkehr sind oder vom Land geplant werden, wurden dem vordringlichen Bedarf zugeordnet.

Den Bau einer Elbquerung östlich von Hamburg (bei Geesthacht) sieht auch der Bund – ebenso wie das Land – in der langfristigen Umsetzungsperspektive, also erst nach 2030. „Wichtig ist aber, dass dieser Abschnitt von der A 24 bis zur Landesgrenze Niedersachsen zunächst im Weiteren Bedarf inklusive Planungsrecht berücksichtigt wurde“, so Nägele. Überblick über den aktuellen Planungsstand A 21 hier: Ausbau B 404 zur A21 gesamt Grafik

Als erfreulich, wenn auch als wenig überraschend, bezeichnete Nägele die erneute Berücksichtigung von Bundesstraßenprojekten, die bereits im BVWP 2003 im vordringlichen Bedarf enthalten waren – im Einzelnen

  • Bestätigung des Ausbaus der B 5 als OU im Bereich Hattstedt-Bredstedt
  • Bestätigung der Verlegung der B 431 im Bereich Wedel

„Wenn diese Autobahn- und Umgehungsstraßenvorhaben bis 2030 realisiert werden, ist   Schleswig-Holstein bestens an die Hauptverkehrsachsen angeschlossen und für die prognostizierte Zunahme der Verkehrsmengen, insbesondere im Gütertransport, gut aufgestellt“, sagte Nägele. Dies gelte auch für den Ausbau der A 7, der bis Ende 2018 abgeschlossen werden soll, sowie für den Ersatz der Rader Hochbrücke bis 2026.

Bei den Ortsumfahrungen (OU) im Zuge von Bundesstraßen hatte sich das Land mit Anmeldungen zurückgehalten. Enttäuschend ist nach den Worten von Nägele jedoch, dass das Bundesministerium die Ortsumgehung Tating im Zuge der B 202 nicht eingestellt habe, zumal das Projekt bereits im vordinglichen Bedarf des alten BVWP verankert war.

Weitere Ortsumgehungen im Vordinglichen Bedarf:

Geesthacht (B 5), Lauenburg-Nord (B5), Lauenburg-Ost (B 209),  Handewitt (B 199), Südspange Kiel (B 202), Nord-Umgehung Itzehoe (B 206), Ratzeburg (B 208 neu), Schwarzenbek (zweiter und dritter Bauabschnitt im Verlauf der B 209) und Glückstadt (B 431)

Schienenprojekte

Fehmarn

Die Aufnahme der Schienenanbindung für die Feste Fehmarnbeltquerung (zweigleisiger Ausbau und Elektrifizierung) galt als gesetzt, da sich der Bund im Staatsvertrag mit Dänemark hierzu verpflichtet hat. „Wir wissen allerdings zu würdigen, dass der Bund hier nicht den kostengünstigen Ausbau der Bestandstrasse wählt, sondern den vom Land in seinem Raumordnungsverfahren vorgeschlagenen Neubau zur Umfahrung der Bädergemeinden entlang der Neustädter Bucht“, sagt Nägele. Das gleiche gelte für den Neubau der Fehmarnsundquerung.

Für das ÖPNV-Projekt Projekt „S 4 Ost“ ist nun offenbar eine zweiteilige Lösung vorgesehen. Nägele: „Grundsätzlich ist eine S-Bahn ein Nahverkehrsprojekt, so dass es eigentlich nicht im BVWP einzustellen wäre. Hier geht es aber um die Entlastung des Güter- und Fernverkehrs und des Hamburger Hauptbahnhofes.“ Deshalb sei die „S 4“ auch ein Projekt des Bundesverkehrswegeplanes. Das dritte Gleis von Hamburg bis Ahrensburg/Bargteheide – es war bereits im BVWP 2003 vorgesehen – wird nun unter einem Vorhaben des „potentiellen Bedarfs“ geführt. Nägele: „Auch darüber müssen wir mit dem Bund weiter verhandeln.

Als „nicht akzeptabel“ bezeichnete es Nägele, dass das dritte Gleis zwischen Pinneberg und Elmshorn gar nicht aufgenommen worden ist, obwohl es bereits im alten BVWP verankert war. Das Bundesverkehrsministerium begründet dies mit der teilweise zu erwartenden Verlagerung des Schienengüterverkehrs auf die Vogelfluglinie nach Fertigstellung der Fehmarnbeltquerung. „Da die Güterverkehrsmengen insgesamt weiter stark wachsen und diese stärker auf die Schiene verlagert werden sollten, halte ich den Bau des dritten Gleises nach wie vor für notwendig. Schon heute ist diese Strecke stark belastet, zusätzliche Verkehre in der Hauptverkehrszeit passen nicht mehr auf diese Strecke“, so Nägele.

Ebenfalls nicht aufgenommen wurde der Neubau eines vierten Bahnsteiggleises einschließlich Bahnsteig und dessen Anbindung im Bahnhof Elmshorn sowie die Errichtung einer Überleitstelle nördlich des künftigen Bahnhofs Hamburg-Altona Nord zur Verknüpfung der City-S-Bahn mit den Ferngleisen Hamburg – Elmshorn. Diese Maßnahme ist nach den Worten des Staatssekretärs aber wesentliche Voraussetzung zur Kapazitätserhöhung und zur Entlasung des stark frequentierten Hamburger Hauptbahnhofs.

Enttäuscht zeigte sich Nägele über die erneute Ablehnung des Ausbaus der Marschbahnlinie an der Westküste. Im nördlichen Abschnitt zwischen Klanxbüll und Westerland/Sylt ist die Marschbahn – bis auf den Hindenburgdamm – immer noch eingleisig. „Angesichts der großen Zahl von Berufspendlern und Touristen, aber auch für die Versorgung der Insel Sylt wird dieser Schienenengpass, wie sich gerade in jüngster Vergangenheit gezeigt habe, zunehmend zum Problem,“ so der SPD-Politiker. Hinzu kommen die höheren Betriebskosten aufgrund der fehlenden Elektrifizierung der Strecke zwischen Itzehoe und Westerland.  Die Landesregierung werde sich weiterhin dafür einsetzen, dass der zweigleisige Ausbau sowie die Elektrifizierung doch noch im BVWP aufgenommen werden.

Da in Schleswig-Holstein im bundesweiten Vergleich der Anteil an elektrifizierten Strecken mit rund 30 Prozent äußerst niedrig ist, hatte das Land auch die Elektrifizierung von weiteren Nebenstrecken wie Kiel-Lübeck, Neumünster-Bad Oldesloe und Lübeck–Lüneburg gefordert. Hiervon ist im Bereich der Vorhaben des so genannten „potentiellen Bedarfs“ nur noch die mögliche Elektrifizierung der Strecke Lübeck-Büchen-Lüneburg geblieben und wird nur dann realisiert, wenn die bereits verkündete Maßnahme an der Verbindungskurve Bad Kleinen nicht realisiert werden sollte.

Nägele: „In anderen Bundesländern sind weit mehr Nebenstrecken elektrifiziert und damit im Betrieb kostengünstiger.“ Dies sei unter anderem deshalb ärgerlich, weil in Schleswig-Holstein zunehmend umweltfreundlicher Windstrom zur Verfügung stehe. „Das konterkariert die Energiewende auch im Verkehrsbereich“, so der Staatssekretär. Deshalb sei es ebenso schmerzhaft, dass der Bund den zweigleisiger Ausbau und die Elektrifizierung des Gütergleises Brunsbüttel-Wilster ablehne. Damit werde dem Standort Brunsbüttel als größtem zusammenhängenden Industriegebiet die Weiterentwicklung erschwert.

Wasserstraßenprojekte

ohne Überschrift

Der seit langem geforderte Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals (NOK) findet sich im Bundesverkehrswegeplan gleich an drei Stellen wieder. Zum einen soll die Oststrecke ausgebaut werden. Hierfür werden rund 260 Millionen Euro veranschlagt. Darüber hinaus soll die so genannte Saatsee-Kurve bei Rendsburg für 12,4 Millionen Euro begradigt werden. Zudem wird der Kanal für die künftige Generation von Containerschiffen vertieft  – dafür sind 263,4 Millionen Euro Euro veranschlagt. „Es ist erfreulich, dass der Bund hier nach Jahren des faktischen Stillstands endlich die Notwendigkeit sieht, die weltweit meistbefahrenste künstliche Wasserstraße zu modernisieren und entsprechend den heute üblichen Schiffsgrößen auszubauen“, sagt Nägele.

Lauenburg an der Elbe. Der Elbe-Lübeck-Kanal

Der ebenfalls für den vordringlichen Bedarf  eingestufte Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals (ELK) ist nach Einschätzung der Landesregierung erfreulich und zugleich ein wenig überraschend. Denn: Bislang hatte der Bund seit  der Bedarfsplanüberprüfung im Jahr 2010 stets erklärt, dass der ELK einen nur geringen wirtschaftlichen Nutzen habe und ihn nicht zuletzt auch wegen des geringen Nutzen-Kosten-Faktors von 0,5 in die Kategorie „weiterer Bedarf“ herabgestuft.

Nägele: „Von dieser Betrachtungsweise hat sich der Bund nun erfreulicherweise verabschiedet und damit auch einen eigenen Fehler korrigiert, nämlich die Herausnahme des ELK aus dem ursprünglich von der EU-Kommission definierten TEN-Kernwasserstraßennetz.“  Damit werde auch  das klassische „Henne-Ei-Problem“ hoffentlich aufgelöst. „Der ELK ist vor allem für die Hinterlandanbindung des Lübecker Hafens wie auch der Ostseehäfen insgesamt und damit für seine Vernetzung mit dem gesamten deutschen und europäischen Binnenwasserstraßennetz wichtig“, so Nägele. Mit dem Ausbau  werde es möglich, Gütertransporte von der Straße auf das umweltfreundliche Binnenschiff zu verlagern.

Nächste Schritte

Als nächstes erfolgt nun erstmals in der Geschichte des BVWP eine öffentliche Auslegung des BVWP sowie ein öffentliches Konsultationsverfahren

Natürliche und juristische Personen mit Wohn- bzw. Geschäftssitz in Deutschland können für sechs Wochen vom 21. März bis zum 2. Mai 2016 zum Gesamtplan des BVWP 2030 und zum Umweltbericht Stellung nehmen und sachbezogene Hinweise abgeben.

Die Stellungnahmen werden vom BMVI geprüft, erforderliche Änderungen werden in den BVWP 2030 eingearbeitet. Der Umgang mit den Stellungnahmen und die Anpassungen werden zusammenfassend in einem Bericht dokumentiert, der nach der Beteiligung veröffentlicht wird.

Die Rahmenbedingungen der Beteiligung

Gegenstand der Beteiligung ist der BVWP-Entwurf und der dazu erstellte Umweltbericht. Ziel der Beteiligung ist die fachliche Überprüfung der durch den BVWP 2030 getroffenen Festlegungen, insbesondere im Hinblick auf die daraus resultierenden Umweltauswirkungen des Gesamtplans. Das BMVI wird Stellungnahmen auswerten, die hierzu Sachargumente enthalten, wertende Meinungsäußerungen bleiben unberücksichtigt. Eine Aufrechnung zwischen „unterstützenden“ und „ablehnenden“ Stellungnahmen zu einzelnen Maßnahmen erfolgt nicht. Mehrfacheinsendungen inhaltsgleicher Sachargumente werden nur einmal berücksichtigt. Externe fachliche Gutachter unterstützen das BMVI bei der Prüfung der Stellungnahmen.

Hier finden Sie die Unterlagen

Der Entwurf des BVWP 2030 und der Umweltbericht werden vor Beginn des Beteiligungsverfahrens auf unserer Internetseite zur Verfügung gestellt. Daneben können diese Unterlagen an 20 Auslegungsorten in Deutschland vor Ort eingesehen werden.

Stellungnahme abgeben – so geht‘s

Die Abgabe von Stellungnahmen an das BMVI ist vom 21. März bis zum 02. Mai 2016 möglich. Eine elektronische Stellungnahme können Sie nicht per E-Mail, sondern nur über ein Online-Formular abgeben. Das Formular wird mit Beginn der Öffentlichkeitsbeteiligung auf unserer Internetseite bereitgestellt: www.bvwp2030.de

Eine postalische Stellungnahme können Sie – bitte unbedingt unter Angabe des Stichworts „BVWP 2030 “ – an folgende Adresse schicken:

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
Referat G 12
Invalidenstraße 44
D-10115 Berlin
Stichwort: „BVWP 2030“

Den gesamten BVWP finden Sie hier: Bundesverkehrswegeplan 2030 gesamt

Und den BVWP inclusive Erläuterungen zum Öffentlichkeitsverfahren hierSeite des BMVI

 

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