Aus Sicht von Wirtschaftsminister Bernd Buchholz bestehen gute Chancen, dass ab dem kommenden Jahr mehr Reedereien in den norddeutschen Häfen auf Landstrom zurückgreifen werden: „Wir haben heute vom Bundeswirtschaftsminister die klare Zusage gehört, die so genannte EEG-Umlage, die den Strom für die Reedereien bislang unrentabel macht, in den kommenden Monaten um 80 Prozent zu reduzieren. Damit dürfte es für Reeder deutlich schneller lukrativ werden, ihre Diesel in den Häfen abzustellen, als bislang erwartet“, sagte Buchholz den „Lübecker Nachrichten“ und dem NDR zum Abschluss der Nationalen Maritimen Konferenz in Friedrichshafen.
Während in Lübeck bereits seit elf Jahren eine Landstrom-Anlage für Frachtfähren zur Verfügung steht, wurde in Kiel vor drei Wochen die erste Anlage für große Passagierschiffe in Betrieb genommen. Bislang werden Landstromanlagen wegen der im Vergleich zum Diesel deutlich höheren Kosten aber nur spärlich genutzt. Laut Bucholz sei die die Verbilligung des Landstroms, über dessen Finanzierung noch keine Einigung mit dem Bund bestehe, ein wichtiger erster Schritt und nicht allein für Häfen und Reeder eine gute Nachricht: „Rentabler Landstrom ist ein wichtiger ökonomischer Schritt, um ökologisch das Richtige zu tun, nämlich mehr für Klimaschutz zu tun und für Lufreinhaltung in Hafenstädten wie Kiel, Hamburg oder Lübeck.“
Im Gespräch mit NDR-Info-Redakteurin Kerstin von Stürmer sagte Buchholz am rande der Konferenz in Friedrichshafen weiter (Audio starten – „im Browser anhören“)
Ebenfalls erleichtert zeigte sich Buchholz von der Ankündigung des Bundes im Vorfeld der Maritimen Konferenz, im kommenden Jahr ein neues Programm für parallele Bürgschaften von Bund und Ländern einzurichten. „Dann haben endlich auch unsere sechs mittelständischen Werften im Land ein gutes Instrument zur Hand, zunehmend kapitalintensive Aufträge zu stemmen, ohne – wie jüngst die Flensburger Schiffbaugesellschaft – in schwierige Fahrfasser zu geraten.“ Die sechs großen Werften in Schleswig-Holstein beschäftigten direkt rund 5.000 Mitarbeiter. Durch den hohen Anteil von Zulieferbetrieben an der Wertschöpfung beim Bau eines Schiffes kommen noch 20.000 Beschäftigte hinzu, die direkt oder indirekt durch die Werften Arbeit finden.
Mit Blick auf die bei der Konferenz am Bodensee von den rund 800 Branchenvertretern diskutierten weltweiten Wettbewerbsverzerrungen im Schiffbau durch chinesische Unternehmen warnte Buchholz vor Protektionismus: „Unsere Antwort auf Dumpingpreise sollte die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen durch kluge Innovationen sein und keine Abschottung. Aber dazu müssen wir uns europaweit unterhaken und eine gemeinsame Strategie verfolgen.“
Nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier werde die Bundesregierung der maritimen Wirtschaft im Konkurrenzkampf gegen Chinas staatlich subventionierte Schiffbauer auch mit Hilfe einer gemeinsamen EU-Strategie zur Seite stehen. Möglichst rasch nach der Europawahl solle sich die EU-Kommission mit einer deutschen Initiative für eine gemeinsame maritime Strategie Europas beschäftigen, so der CDU-Politiker.
Alle bisherigen EU-Initiativen für die Schiffbau- und Zulieferindustrie sowie für Häfen, Schifffahrt, Offshore-Windenergie und Meerestechnik sollen demnach gebündelt werden. Erstmals soll die EU dafür einen Maritimen Koordinator berufen. Diese «zentrale Ansprechperson» solle «auf internationaler Ebene Europas maritime Wirtschaftsinteressen auch gegenüber schwierigen Handelspartnern konsequent und nachdrücklich durchsetzen».
Nach Angaben aus Konferenzkreisen wird die Initiative von Frankreich unterstützt. Zur stärker werdenden Konkurrenz aus Asien sagte Altmaier, derzeit würden «die Karten neu gemischt». Wettbewerber wie China investierten sehr viel Geld und strebten auch im Hochtechnologie-Schiffbau mit klaren Strategien die Weltspitze an. Er verwies auf die Zielstellungen in Pekings Industriestrategie «Made in China 2025».
