Am Anfang standen Hunger, Not, Armut und eine Riesenzahl von Weltkriegsflüchtlingen, heute geht es um 5G- Mobilfunk, Glasfaserausbau, autonome Schiffe, Megayachten oder Wasserstoff-Technologien. Zwischen Mangel und Nachkriegswirren wurde Schleswig-Holstein geboren, heute, 75 Jahre später, feiert es sein Jubiläum eher als strahlendes Nordlicht.

Der „echte Norden“, wie wir ihn selbstbewusst nennen und weltweit vermarkten, bietet Spitzenforschung. Von hier kommen Top-Medizintechnik, Megayachten, Hightech-Marineschiffe, Dutzende mittelständische Weltmarktführer, beliebte Nahrungsmittel und Windstrom en masse. Auch als Touristenmekka putzt sich das Land zwischen den Meeren immer mehr heraus und das Schleswig-Holstein Musik Festival ist wie das Wacken Open Air ein Juwel.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Im Bundesvergleich hat die Innovationskraft des Landes, in dem das Fax, das Echolot oder der Kreiselkompass erfunden wurden, relativ an Boden verloren. Das hat vor allem mit dem Mangel an großen Industrieunternehmen mit potenten Forschungsabteilungen zu tun.

Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat dazu Zahlen: Der Anteil des Landes am deutschen Bruttoinlandsprodukt sank von 1991 bis 2018 von 3,2 auf 2,8 Prozent. Danach stieg er wieder auf 2,9 Prozent. Das lag daran, dass vom Abschwung 2019 und der folgenden Corona-Krise vornehmlich Industrie betroffen war – und die ist im Norden nicht stark vertreten.
«Schleswig-Holstein hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt», sagt Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). «Mit der Festlegung von Schwerpunktbranchen haben wir den Standort gestärkt.» Es gebe aber zu wenig industrielle Arbeitsplätze. Dadurch, dass 90 Prozent der Unternehmen nur fünf bis zehn Mitarbeiter haben, fehlen starke Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Doch Buchholz nennt Lichtblicke: «Die Westküste gehörte bis vor nicht allzu langer Zeit zu den strukturschwachen Regionen mit relativ wenig ausgeprägter Wirtschaftsperspektive». Das habe sich in den letzten fünf bis zehn Jahren komplett geändert, und es gebe weiteres Potenzial.
Hier das gesamte Interview mit dpa-Korrespondent Wolfgang Schmidt –Video starten:
Der Beliebtheit des Landes als Urlaubsziel tun auch Defizite keinen Abbruch. Die Ferienorte sind – nicht zuletzt infolge der weltweiten Corona-Reisebeschränkungen proppenvoll. Die Bevölkerung wächst, Ältere kommen gern, um den Lebensabend an frischer Luft und bei meist nicht ganz so hohen Immobilienpreisen wie anderswo zu genießen.