
Während die Gasumlage seit heute früh bundesweit Politik, Mieter und Wirtschaft umtreibt, hat Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen die Unternehmen in Schleswig-Holstein am Abend auf Kontinuität eingestimmt: «Die Regierung wird sich weiterhin für Entlastungen des Mittelstandes einsetzen, unbürokratischere Rahmenbedingungen schaffen sowie die Modernisierung und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ebenso vorantreiben wie die Digitalisierung», sagte Madsen vor Unternehmerinnen und Unternehmern auf Schloß Gottorf. Als weitere Schwerpunkte nannte er bei einer Rede vor der Studien- und Fördergesellschaft der Wirtschaft die Unterstützung für die Gründung neuer Unternehmen und die Bekämpfung des Fachkräftemangels durch eine attraktive Standortpolitik.
Madsen sagte weiter – Audio starten, Pfeil klicken…
Den in der vergangenen Wahlperiode eingeleiteten Weg, mittelstandsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen, werde die jetzige Regierung konsequent weitergehen, sagte Madsen. «Die mittelständischen Unternehmen sind die Leistungsträger der schleswig-holsteinischen Wirtschaft.» Beim Verkehr hob der Minister Landesstraßen, Radwege, Schienenwege und den Fehmarnbelttunnel hervor. Den Standortvorteil, dass der Ausbau erneuerbarer Energien hier weit fortgeschritten sei, wolle das Land konsequent nutzen.

Mit Finanzierungsprogrammen, Beratung und einer Werbekampagne soll Madsen zufolge unter anderem das Problem der Unternehmensnachfolge entschärft werden: Die Hälfte der Betriebe im Land braucht binnen zehn Jahren eine neue Spitze. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, will Madsen mit seinen beiden Staatssekretären nicht nur das vorhandene Potenzial im Land besser ausschöpfen, sondern auch Zuwanderung fördern. Zudem kündigte er die Entwicklung einer Weiterbildungsstrategie an. «Ich biete der Wirtschaft einen konstruktiven, offenen Dialog an», so Madsen.

Die ab Herbst anfallende Gasumlage ist nach Auffassung von Madsen und seinem für Energie zuständigen Ressortkollegen Tobias Goldschmidt notwendig, um die Stabilität des Energiesystems zu sichern. «Durch die explodierenden Marktpreise für Gas sind viele Versorger in finanzielle Schwierigkeiten geraten, und einigen droht sogar die Zahlungsunfähigkeit», sagte Goldschmidt. Es brauche dringend einen Mechanismus, der es den Versorgern ermögliche, die Mehrkosten auf breitere Schultern zu verteilen.
Insolvenzen könnten zu Dominoeffekten führen und die Gaslieferketten beinträchtigen, erläuterte Goldschmidt. «Damit wäre die Versorgungssicherheit in unserem Land in erheblichen Maße gefährdet.»
Mit der von allen Gaskunden zu zahlenden Umlage von 2,4 Cent pro Kilowattstunde werden erhöhte Beschaffungskosten von Importeuren an die Kunden weitergegeben. Die Umlage soll Versorgern zugutekommen, die zu hohen Preisen Ersatz für ausbleibendes, günstigeres Gas aus Russland kaufen müssen. Bei einem Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden betragen die Mehrkosten rund 484 Euro. Falls zusätzlich die Mehrwertsteuer fällig wird, steigen die Kosten auf 576 Euro. Die Bundesregierung will allerdings verhindern, dass diese fällig wird.
Sollten für eine reibungslose Umsetzung gesetzliche Änderungen notwendig sein, sollten diese direkt nach der Sommerpause vom Bundestag beschlossen werden, meinte Goldschmidt. «Schleswig-Holstein steht bereit, über den Bundesrat im September konstruktiv an notwendigen Anpassungen mitzuwirken.» Aus Sicht Goldschmidts sind zusätzliche Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen dringend erforderlich. Die von Bundesfinanzminister Christian Lindner vorgestellten Pläne dürften nicht das letzte Wort sein. «Außerdem müssen die Folgewirkungen für energieintensive Unternehmen weiter im Blick behalten werden.»
Nach den Worten von Madsen liege die Umlage «Gott sei Dank im unteren Bereich dessen, was kommuniziert worden ist». Auf der einen Seite sei es gut, eine Lösung zu haben, um die Gasinfrastruktur aufrechtzuerhalten. Auf der anderen Seite müsse genau geprüft werden, welche negativen Auswirkungen es für internationale Konzerne und auch für kleine energieintensive Betriebe geben werde.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sprach heute von «bitterer Medizin» und erklärte, die Umlage sei notwendig, um die Wärme- und Energieversorgung in den privaten Haushalten und der Wirtschaft aufrechtzuerhalten. «Sonst wäre die Versorgungssicherheit gefährdet.» Die Umlage werde von einem weiteren Entlastungspaket begleitet. Die Bundesregierung habe sich schon auf erste Schritte wie eine Ausweitung des Wohngeldes mit einem Heizkostenzuschuss verständigt. «Ich meine aber, dass weitere zielgenaue Entlastungen nötig sind», so Habeck.