
Ein Werftentag im Licht von Krieg in Europa und einem anstehenden 100-Milliarden-Rüstungsprogramm der Bundesregierung: Heute besuchte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen in Begleitung des Maritimen Koordinators der Landesregierung, Andreas Burmester, die Kieler Werften Thyssen Krupp Marine Systems (TKMS) und German Naval Yards (GNYK) sowie die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG). Allein auf dem Werftgelände des Kieler Ostufers sind 3000 Menschen beschäftigt.
Madsen sagte den Werften dabei die Unterstützung des Landes zu. Die Wehrindustrie sei für Deutschland und Schleswig-Holstein wichtig. Er wolle ein klares Signal setzen: «Wir wollen uns gemeinsam darum bemühen, dass wir vom Paket der 100 Milliarden Euro Sondervermögen der Bundesregierung auch einen Teil abbekommen für unsere Unternehmen», so Madsen. «Wir sind da auch auf einem guten Weg, weil wir es hier mit Weltmarktführern zu tun haben.»

Es gelte pragmatische Lösungen zu finden, sagte der Minister im Blick auf erhoffte Aufträge aus dem Milliarden-Paket. Die Werften in Kiel sind spezialisiert auf den Bau von Marineschiffen wie U-Boote und Fregatten. Es sei beeindruckend gewesen, sich die Schiffbauhallen anzusehen und motivierte Menschen kennenzulernen, sagte Madsen. Er durfte auch ein U-Boot besichtigen.
Der Geschäftsführer von German Naval Yards, Rino Brugge, dankte für die Unterstützung des Landes. Es sei sehr wichtig, dass es in Schleswig-Holstein eine maritime Industrie gibt. «Wir kooperieren ja schon seit vielen Jahren miteinander in vielen Bauprogrammen», sagte auch TKMS-Vorstand Alexander Orellano auf die Frage nach einer möglichen Zusammenarbeit beider Werften für Aufträge aus dem Bundeswehr-Sondervermögen. «Das wird sich in Zukunft auch nicht ändern.» Die Werft sei überzeugt davon, ihre Kunden überzeugen zu können, sagte Orellano. «Auch die Deutsche Marine.»
Beide Werften stehen auch bereit, sich an der Entsorgung von Kriegsmunition aus dem Meer zu beteiligen. Hierzu gebe es bei TKMS bereits vielversprechende Ansätze und Projekte. «Für mich ist es tatsächlich wichtig gewesen zu erfahren, dass wir ganz kurz vor der Reife stehen, Munition heben zu können», sagte auch Madsen. Es sei wichtig für die Werften im Blick auf die Zukunft, auch zivile Technologien zu entwickeln.

TKMS investiere sehr viel, sagte Vorstand Orellano. Die Werft errichte nicht nur eine neue Schiffbauhalle und eine Brennstoffzellenproduktionshalle. Sie investiere auch viel in die Köpfe der Menschen und in Technologie. «Wir glauben, dass wir ein sehr guter Katalysator sein können auch für zivile Produkte.» So wolle die Werft für die Schifffahrt auf der Kieler Förde eine autonom fahrende Fähre mit alternativem Antrieb bauen.

Zur Frage des Fachkräftebedarfs in der Werftenbranche und den Aussichten auf einem Anteil am Rüstungspaket der Bundesregierung sagte Madsen im Gespräch mit Journalisten weiter – Audio starten, Peil klicken…
Die Zeitenwende auf den Werften prägt inzwischen auch die Silhouette des Kieler Ostufers: Die neue Schiffbauhalle von TKMS wird 170 Meter lang, 70 Meter breit und 33 Meter hoch. Dort sollen ab dem Jahr 2023 U-Boote gebaut werden. Die Halle ist Teil eines Standortkonzeptes, in das der Industriekonzern Thyssenkrupp AG rund 250 Millionen Euro investiert.
TKMS hat von Norwegen und Deutschland Aufträge zum Bau von sechs U-Booten der HDW-Klasse 212 CD bekommen. Das letzte U-Boot soll nach derzeitigem Stand 2034 ausgeliefert werden. Der Bau der neuen Schiffsbauhalle sei im Zeitplan, sagte ein Sprecher. Rund 300 Beschäftigte können im Schichtbetrieb in der Halle arbeiten.

Bei der FSG erörterte der Minister mit Geschäftsleitung und IG-Metall neben den Chancen durch mögliche Teilhabe an Marine-Aufträgen das enorme Potenzial der Offshore- Windparks und anderer Grüner Technologien. Im Marineschiffbau war die FSG zuletzt Anfang der 2000er Jahre beim Bau des Einsatzgruppenversorgers der Bundesmarine erfolgreich. FSG-Strategiechef Johannes Wolters (im Bild, Mitte) erinnerte daran, dass an der Werft mit ihren 700 Beschäftigten rund 8000 zukunftsträchtige Arbeitsplätze in der Region hingen.
Mit Blick auf das Milliardenprogramm des Bundes sagte Wolters weiter: „Uns ist wichtig, in der ausgerufenen Zeitenwende ein verlässlicher Partner der deutschen Marine und der Streitkräfte zu sein.“ Die Werft habe genügend Know How um den speziellen Anforderungen des Marineschiffbaus gerecht zu werden . „Die Strukturen und Anlagen der Werft ermöglichen dabei besonders wirtschaftliche Projekte“, so Wolters.
Madsen erinnerte abschließend daran, dass die FSG in 150 Jahren knapp 800 Schiffe konstruiert und gebaut habe. Die Werft sei ein bedeutender Arbeitgeber im nördlichen Schleswig-Holstein und besitzt eine herausragende Bedeutung für die Region Flensburg, aber auch für die Zulieferindustrie in Schleswig-Holstein. „Gerade deshalb finde ich es gut, dass sich die FSG bei so wichtigen und richtungsweisenden Projekten wie dem Forschungsschiff Polarstern 2 engagiert und auch Bereitschaft signalisiert hat, im Dialog mit Land und Bund eine wesentliche Rolle beim Ausbau von Offshore Wind zu spielen. Wir brauchen das Thema Offshore-Wind für ein Gelingen der Energiewende, hier sehe ich beim Bau von Umspannplattformen und Errichterschiffen erhebliche Potentiale für unsere Werftindustrie“, so der Minister.