Madsen beklagt „Rolle rückwärts“ des Bundes bei Härtefall-Hilfen als „blamabel“

Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen hat die Entscheidung des Bundestags-Haushaltsausschusses scharf kritisiert, Energie-Härtefallhilfen nun doch nicht im ursprünglich vorgesehenen Umfang an Unternehmen auszukehren.

Die Haushälter der Berliner Regierungsfraktionen hatten sich am Mittwoch mit Blick auf die aktuellen Preise darauf verständigt, solche Unternehmen von den Härtefallhilfen auszuschließen, die ihren Energiebedarf aus Öl oder Pellets decken.

„Diese Entscheidung ist für die Bundesregierung höchst blamabel und für viele mittelständische Unternehmen ein Desaster, denn sie ist das exakte Gegenteil der noch im Dezember getroffenen Vereinbarungen zwischen Bundeskanzler und Regierungschefinnen und –chefs der Länder», sagte Madsen heute der Deutschen Presse-Agentur. Die Länder hätten bei der Vorbereitung des Hilfsprogramms – in Schleswig-Holstein stehen dafür 34 Millionen Euro zur Verfügung – auf die klare Absprache vertraut, die Förderung in Eigenregie zu regeln. Pikant: Das Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) hatte die Erweiterung auf Öl und Pellets ausdrücklich zugelassen. Die entsprechende Verwaltungsvereinbarung zur Auszahlung von Härtefallhilfen sei nicht nur in Schleswig-Holstein längst unterschriftsreif gewesen. Laut Madsen habe das Bundesministerium , die Länder in der Schlussphase allerdings immer wieder mit detaillierten Anforderungen an die Wirkungskontrolle und eine spätere Evaluation der Energie-Härtefallhilfe überrascht.  

Bei ihrer Sitzung am Mittwoch hatten dann die Haushalts-Arbeitsgruppen der Berliner Ampel-Koalition zwar 375 Millionen der insgesamt eine Milliarde Euro umfassenden Härtefallhilfen freigegeben. Zugleich aber die Bundesregierung aufgefordert, «die Härtefallregelungen auf die Entlastung von Strom und leitungsgebundene Energieträger (Gas, Wärme) zu begrenzen und die Härtefallregelung nicht auf leitungsungebundene Energieträger (z.B. Heizöl, Pellets) auszuweiten».

«Diese Rückwärtsrolle bedeutet einen schweren Vertrauensverlust in den Bund, zumal die Länder dann gezwungen wären, die Hilfen an Betriebe mit Öl- oder Pelletheizung aus eigener Kraft zu stemmen“, sagt Madsen.

Auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwaner, derzeit Vorsitzender der Wirtschaftsministerkonferenz (WMK), hat unterdessen im Namen aller Länderkolleginnen und -kollegen scharfe Kritik am Bund geübt: „Erst werden Hilfen angekündigt, dann macht Berlin einen Rückzieher und vertrödelt erneut Monate an kostbarer Zeit. Das Versprechen des Bundeswirtschaftsministers und des Bundeskanzlers sowie die Einigung der Ministerpräsidenten wurden durch den Beschluss des Haushaltsausschusses im Bund mit Ampelmehrheit kassiert. Der Bundeswirtschaftsminister ist nicht mehr Herr der Lage», so Aiwanger.

Als WMK-Chef schreibt Aiwanger weiter an den Haushaltsausschuss:

Die Wirtschaftsminister und -ministerinnen der Länder haben mich als Vorsitzenden der Wirtschaftsministerkonferenz beauftragt, an den Haushaltsausschuss des Bundestages zu appellieren, die aus unserer Sicht aus mehreren Gründen kontraproduktive Entscheidung zu revidieren. Ich darf diese Gründe wie folgt darlegen.

Der Beschluss macht nicht nur alle Vorbereitungen der Länder (bereits erarbeitete Förderrichtlinien, IT-Programmierungen, Prüfungs-und Bewilligungsstrukturen) zunichte. Er verzögert auch das Ankommen der von den Unternehmen dringend benötigten Hilfen und sorgt in der Wirtschaft für große Verunsicherung, wo eigentlich Sicherheit aktuell das oberste Gebot ist. Aufgrund der von den Ländern geplanten, verschiedene Energieträger umfassende Programme sind davon nicht nur die Hilfen für nicht-leitungsgebundenen Energien betroffen, sondern auch für Strom und Gas, da beschlossene Förderrichtlinien umgeschrieben und Antragsportale umprogrammiert werden müssen.

Von der Bundesregierung wurden den Ländern bislang zurecht Mittel in Höhe von einer Milliarde Euro zur Finanzierung von Härtefallprogrammen in Aussicht gestellt, damit sie den betroffenen Unternehmen in der bestmöglichen Weise, auf die wirtschaftlichen Strukturen und Bedürfnisse vor Ort ausgerichtete Hilfe leisten können. Denn es sollten alle Länder, nicht nur die finanzstarken, in der Lage sein, ihre von den stark gestiegenen Energiekosten besonders belasteten Betriebe in der Krise zu unterstützen und so Wettbewerbsnachteile zu verhindern.

Die Entscheidung des Haushaltsauschusses gegen eine Ausweitung der Härtefallhilfen auf nicht leitungsgebundene Energieträger bedeutet nun eine empfindliche Einschränkung dieser Unterstützungsmöglichkeit. Nicht umsonst hatte eine große Mehrheit der Länder Hilfen für Nutzer dieser Energieträger geplant, deren Bedeutung für die Unternehmen und auch für die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen nicht unterschätzt werden sollte. Zum Teil haben Unternehmen hohe Investitionen vorgenommen, um auf den CO2-neutralen Energieträger Holz umzustellen oder als Reaktion auf die Krise von Gas ganz oder teilweise auf nicht leitungsgebundene Energieträger umzustellen, um ihre Resilienz zu erhöhen. Diese erwünschten und wichtigen unternehmerischen Entscheidungen werden durch den Beschluss des Haushaltsgesetzgebers benachteiligt.

Im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen der Wirtschaftsministerkonferenz bitte ich Sie dringend, Ihre Entscheidung zu überdenken und auch nicht leitungsgebundene Energieträger in die Förderkulisse einzubeziehen. Noch ist es für eine Korrektur im Sinne aller Betroffenen nicht zu spät. Dafür wären wir Ihnen sehr dankbar.

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